Mais – eine Kulturpflanze mit Tradition
Germany
August 21, 2015
Es ist kaum bekannt, dass Mais in Südbayern bereits eine lange Tradition als Kulturpflanze hat. Schon vor mehr als 100 Jahren wurden von Bauern früh reifende Landsorten ausgelesen und angebaut. Als wärmeliebende Kulturpflanze musste Mais an unser Klima angepasst werden. Alte bayerische Sorten wie der „Rottaler Landmais“ zeugen davon, dass das auch gelang. Allerdings war Mais eher eine Spezialität für die Küche, wie die bekannte Polenta in Italien, als Viehfutter wurde er weniger genutzt.
Eine systematische Maiszüchtung auf naturwissenschaftlicher Grundlage gibt es in Bayern seit fast 90 Jahren. Die Landessaatzuchtanstalt Weihenstephan – Vorgänger der heutigen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) – begann 1927 mit umfangreichen Versuchen zum Maisanbau und zur Maiszüchtung. Durch die Zusammenarbeit mit privaten Züchtern entstand ein leistungsfähiger bayerischer „Genpool“, der die Grundlage für regional angepasste Maissorten war. Die bayerische Saatzucht von Moreau brachte 1940 die Sorte „Pfarrkirchner Körnermais“ heraus, die eine weite Verbreitung in Bayern und sogar in Ostdeutschland fand. In den 1960er Jahren haben sich dann Professoren, Züchter und Betriebswirte besonders für diese Kulturpflanze engagiert. Hybrid-Sorten mit deutlich höheren Erträgen und einer ausreichender Anpassung an raueres Klima ermöglichten die Ausbreitung der Maiskultur aus den günstigen Ackerbaulagen Südbayerns im Rottal, im Salzach- und Inntal über ganz Bayern bis an die Küsten von Nord- und Ostsee. Der an sich wärmedürftige Mais konnte jetzt auch in Mittelgebirgs- und Niederungslagen erfolgreich angebaut werden. Die zunehmende Mechanisierung erleichterte den Anbau, die Düngung und die Ernte enorm. Mais wurde eine der effizientesten und leistungsfähigsten landwirtschaftlichen Kulturen.
Die starke Verbreitung des Maisanbaus konnte nicht ohne Schatten bleiben. Mais wird erst im späten April gesät und lässt als Reihenkultur den Boden lange unbedeckt. Das führt in Hanglagen und bei starkem Regen zu Abschwemmungen. Diese Erosionsprobleme können allerdings durch Mulchsaat- oder Direktsaatverfahren gelöst werden, wenn der Boden durch Pflanzenreste der Vorfrucht oder Zwischenfrüchte bedeckt ist.
Aktuelle Forschungsausrichtung der LfL: Wiederbelebung der Populationssorten
Ein besonderes Augenmerk legt die LfL derzeit auf die Entwicklung von sogenannten Populationssorten. Diese waren vor Einführung der Hybridsorten weit verbreitet und besitzen im Vergleich zu diesen eine ausgesprochene Unterschiedlichkeit (Heterogenität). Was auf dem Feld erst einmal ungleichmäßig aussieht, verleiht diesen Sorten die Fähigkeit, auf Krankheiten, Schädlingsbefall, Nässe, Trockenheit oder Nährstoffmangel flexibel zu reagieren und Schäden unter Stresssituationen zu minimieren. Zusätzlich fördern die Populationssorten die genetische Vielfalt und die Biodiversität dieser bedeutenden Nutzpflanze. Ein wichtiger Schritt war im Herbst 2014 die Anerkennung der Populationssorte „Weihenstephaner 1“. Damit hat die LfL-Arbeitsgruppe „Pflanzenbausysteme und Züchtungsforschung bei Körner- und Silomais“ ein wichtiges Etappenziel erreicht und einen anpassungsfähigen Sortentyp wiederbelebt.
Heute sind mittelständische Saatzuchtfirmen in Bayern wichtige Lieferanten von Saatgut in Deutschland und bilden einen Gegenpol zur international fortschreitenden Konzentration in der Saatgutbranche. Gerade der Mais bietet gute Voraussetzungen für regionale und mittelständische Züchtungsfirmen. Seine Ansprüche an das Klima - die Wärmebedürftigkeit und die Empfindlichkeit gegenüber spätem Frost - erfordern eine regional ausgerichtete Züchtung. Die LfL und ihre Vorläufereinrichtung leisten seit mehr als 100 Jahren wichtige Pionierarbeit in der Pflanzenzüchtung und einen wesentlichen Beitrag zu Erhaltung der Biodiversität. Dieser bayerische Genpool steht allen heimischen Landwirten zur Verfügung.
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Website: http://www.lfl.bayern.de Published: August 21, 2015 |