Maintal, Germany
August 26, 2014
Auch die Braugerste muss in dieser Saison Qualitätsverluste durch anhaltenden Regen während der Ernte wegstecken. Die Erträge fallen allerdings besser aus als im Vorjahr. Walter König, Geschäftsführer der Braugerstengemeinschaft e.V. München, gibt eine erste Einschätzung.
Walter König
Die Braugerstenernte ist zu großen Teilen abgeschlossen. Wie sehen die ersten Ergebnisse in Deutschland und in Europa aus?
Walter König: Bisher liegen uns für Deutschland die Ergebnisse aus der ersten Erntehälfte vor. Insgesamt ist die Braugerstenernte sehr gut ausgefallen, zumindest was die Erträge anbelangt. Wir gehen bisher davon aus, dass das Erntevolumen des Vorjahres, welches im Durchschnitt bei 54,2 dt/ha lag, um 1 bis 2 dt übertroffen wird. Gleichzeitig ist die Braugerstenfläche in Deutschland weiter zurückgegangen. Letztes Jahr lag diese bei 361.000 ha. In diesem Jahr wurde die Fläche auf 347.000 ha zurückgenommen. Bei erhöhtem Ertragsniveau könnten wir dennoch mit einer Erntemenge von rund 1,9 Mio. t rechnen.
Wie schätzen Sie die Qualitäten ein?
Walter König: Meinen Beobachtungen nach ist rund 50 Prozent der Ernte von großen Regenunterbrechungen betroffen. Vermutlich gehen damit Qualitätsbeeinträchtigungen bei der Braufähigkeit einher. Bei Mustern haben wir vielfach verdeckten Auswuchs entdeckt. Für Mälzer sind solche Partien, wegen der beschränkten Keimfähigkeit, nicht mehr brauchbar. Wir müssen abwarten, wie hoch der Anteil der Erntepartien mit Auswuchs letztendlich ist. Außerdem stellen wir insgesamt sehr niedrige Eiweißgehalte fest.
Normalerweise besteht doch eher das Problem, dass die Braugerste beim Eiweiß über das Ziel hinausschießt.
Walter König: Ja, das ist richtig. In diesem Jahr ist es umgekehrt. Die Streuung beim Eiweiß reicht von 8 bis 11 Prozent. Für den Brauvorgang sind Eiweißgehalte von 10 bis 11,5 Prozent optimal. Wenn der Eiweißgehalt unter 9 Prozent rutscht, sind die Probleme beim Mälzungsprozess vergleichbar mit denen bei Proteingehalten über 12 Prozent. Es entstehen Vergärungsprobleme und eine schlechtere Schaumqualität.
Welche Qualitätseinbußen bestehen außerdem?
Walter König: Frühe Erntemuster hatten extrem niedrige Sortierungen. Um homogene Malze herstellen zu können, brauchen Mälzer möglichst gleich dicke Körner. Als Vollgerstenanteil bezeichnet man den Anteil aller Körner über einem Bauchdurchmesser von 2,5 mm. Im Durchschnitt liegt der Vollgerstenanteil der Partien bei rund 90 Prozent. Im letzten Jahr lag er bei 89,6 Prozent. Besonders dort, wo die Böden leichter sind, war es schwierig, in diesem Jahr hohe Werte zu erreichen. An diesen Standorten ist in der Vegetationsperiode vielfach das Wasser ausgegangen. Die Sortierung der Partien, sprich der Vollgerstenanteil, dürfte vor diesem Hintergrund sehr weit streuen, beim Großteil der Partien jedoch passen.
Wann können wir mit Gesamternteergebnissen rechnen?
Walter König: Berücksichtigen wir den Einfluss der vorab beschriebenen Witterungsverhältnisse, gehe ich davon aus, dass wir in Deutschland in dieser Saison auf höchstens 1,2 Mio. t braufähige Gerste zurückgreifen können
Können Sie auch schon Aussagen über die Braugerstenernte in unseren EU-Nachbarländern machen?
Walter König: Hier sind die Zahlen noch offen, weil wir ähnliche Ernteverzögerungen haben. Aus Tschechien und Slowenien gibt es erste positive Rückmeldungen. In Frankreich wird von sehr guten Erträgen, aber niedrigen Eiweißgehalten, ähnlich wie in Deutschland, berichtet. Vermutlich fahren wir eine gute durchschnittliche Erntemenge in Europa ein. Dabei dürfte die Versorgung mit Qualitätsbraugerste knapp gesichert sein. Aus dem vergangenen Jahr gibt es keine Überhänge. Aus diesem Grund wird eine gute Ernte gebraucht. Es wird sich noch zeigen, wo die Qualitäten verfügbar sind und welche Wege die Braugerste auf sich nehmen muss.
Wie schätzen Sie die Preis- und Vermarktungssituation ein?
Walter König: Wie im gesamten Getreidekomplex stehen auch die Braugerstenpreise unter Druck. Erzeuger können derzeit 170 bis 175 €/t erzielen. Im Süden liegen die Ideen etwas darüber. Die Matif notiert um 200 €/t. Im Frühjahr lagen die Kurse in Paris mitunter bei 225 bis 230 €/t. Erzeuger hätten Vorverträge bei 200 €/t abschließen können. Leider ist davon in diesem Jahr kaum Gebrauch gemacht worden, weil die Hoffnung auf höhere Preise den Realitätsblick verdeckt hat. Vorerst sehe ich kein Licht am Ende des Tunnels. Jedoch kann ich mir vorstellen, dass gute Qualitäten wieder Aufpreise erhalten, wenn der Erntedruck abgeflaut ist.
Herr König, vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview führte Brigitte Braun-Michels.