Berlin, Germany
October 20, 2011
Die Guten ins Töpfchen, die Schlechten ins Kröpfchen
- Rund 30 Getreidezüchter prüfen jährlich 30.000 Sortenkandidaten
- Laut Bundesverband Deutscher Pflanzenzüchter e. V. (BDP): knapp 400 Getreidesorten in Deutschland zugelassen
- Kontinuierliche Züchtungsarbeit verfünffacht Weizenertrag in den letzten 100 Jahren
In diesen Tagen legen die Pflanzenzüchter mit der Aussaat den Grundstein für die Entwicklung neuer Weizensorten. Jede Wachstumsphase in den kommenden zehn Monaten wird akribisch beobachtet. Noten entscheiden am Ende darüber, ob der Sortenkandidat in die nächste Runde kommt oder ob er nochmals mit einer anderen Pflanze gekreuzt wird. Bis zu 15 Jahre dauert es, bis ein Züchter eine neue Sorte her-vorbringt. Deren Entwicklung kostet 1,5 bis 2 Millionen Euro.
Deutschlandweit entwickeln rund 30 Züchter in Deutschland nach Angaben des Bundesverbandes Deutscher Pflanzenzüchter e. V. (BDP) neue Getreidesorten. Jeder Kandidat ist ein einmaliger Mix natürlicher Gene, also der Nachwuchs aus der Kreuzung zweier Elternpflanzen, der von beiden genetisch etwas mitbekommen hat. Von der Aussaat im Herbst bis zur Ernte im darauffolgenden Sommer wird in mühevoller Arbeit jeder Wachstumsschub des Wintergetreides detailliert festgehalten. Die Erkenntnisse zu den einzelnen Sortenkandidaten werden zusammengetragen, riesige Datenmengen gespeichert und wie ein Schatz gehütet. „Bis zu 30.000 Kreuzungen und Nachkommen prüfen allein die Getreidezüchter regelmäßig vom Keimstadium über die Blüte bis hin zur Ernte“, erläutert Dr. Carl-Stephan Schäfer, Geschäftsführer des BDP.
Ein besonderes Augenmerk legen die Züchter bei der Auswahl darauf, wie die Pflanzen auf die klimatischen Bedingungen sowie individuellen Bodenqualitäten der unterschiedlichen Regionen reagieren. Die Erkenntnisse aus den vorausgegangenen Labor- und Gewächshausversuchen werden in der Praxis auf den Prüfstand gestellt: Nach dem Motto „Die Guten ins Töpfchen, die Schlechten ins Kröpfchen“ scheidet spätestens jetzt alles aus, was den Anforderungen an Qualität, an Resistenzeigenschaften gegen Krankheiten und Schädlinge und an Ertrag, Standfestigkeit und Winterhärte nicht entspricht. Nach mehrjähriger Prüfung und Beobachtung des Pflanzenwachstums bleiben von den tausend Pflanzen nur einige wenige Pflanzen übrig, die die Anforderungen der offiziellen Zulassungsprüfungen des Bundessortenamtes erfüllen und den Ansprüchen der Landwirte an leistungsstarke Sorten genügen.
Insgesamt stehen Landwirten in Deutschland rund 400 verschiedene Sorten zur Verfügung – für jede Region und jede Verwendungsart eine passende – sei es als Backweizen, zur Mäl-zerei oder als Futtermittel. „Nicht der große Sprung von einem zum nächsten Jahr, sondern eine kontinuierliche Anpassung der Sorten an neue Herausforderungen zeichnet die arbeitsintensive Kleinstarbeit der Züchter über Jahre aus. Der Ertrag von Weizen konnte beispiels-weise in den letzten 100 Jahren verfünffacht werden“, erklärt Schäfer.
Broschüre
Der Bundesverband Deutscher Pflanzenzüchter e.V. (BDP) mit Sitz in Bonn und Berlin ist die berufsständische Vertretung der rund 130 deutschen Pflanzenzuchtunternehmen und Saatenhändler aus den Bereichen Landwirtschaft, Gemüse und Zierpflanzen. Mit einer F&E-Quote (Forschung & Entwicklung) von 16,1 Prozent gehört die Pflanzenzüchtung zu den innovativsten Branchen in Deutschland. Rund 12.000 Beschäftigte finden in ihr einen Arbeitsplatz und legen mit ihrer Tätigkeit die Basis für eine erfolgreiche Landwirtschaft und die darauf folgenden Stufen der Wertschöpfungskette.