May 16, 2007
Der Bt-Gehalt bei
insektenresistentem Mais ist nicht in jeder Pflanzen gleich. Nun
hat Greenpeace nachgemessen. Ergebnis: Die Bt-Mengen schwanken
erheblich. Die Voraussetzung für die EU-Zulassung sei
grundsätzlich nicht gegeben, heißt es. Johannes Jehle vom
Dienstleistungszentrum ländlicher Raum (DLR) in Neustadt an der
Weinstraße kann weder den Ergebnissen, noch den
Schlussfolgerungen der Studie zustimmen. Er hat ein dreijähriges
Forschungsprojekt geleitet, bei dem Bt-Gehalte im gv-Mais MON810
gemessen wurden. BioSicherheit hat ihn dazu befragt.
Wenn gentechnisch veränderter Bt-Mais angebaut wird, dann
iproduzieren nicht alle Pflanzen exakt die gleiche Menge des
gegen Schädlinge wirksamen Bt‑Toxins . Wie die meisten
Inhaltsstoffe unterliegt auch der Bt-Gehalt gewissen natürlichen
Schwankungen. Das ist seit langem bekannt. Doch nun hat
Greenpeace im letzten Jahr auf mehreren Feldern mit Bt-Mais
MON810 in Deutschland und Spanien insgesamt 600 Blattproben
genommen und von einem Labor in der Schweiz (Ecostrat)
untersuchen lassen, wie hoch die Bt-Gehalte waren.
Die Ergebnisse hat Greenpeace am
11. Mai 2005 öffentlich präsentiert. Der Bt-Gehalt soll sich
zwischen einzelnen Pflanzen bis zum Hundertfachen unterscheiden.
Zwar musste auch Greenpeace einräumen, dass die Bt-Gehalte in
den Blättern "überraschend niedrig" waren und deutlich unter den
von Monsanto in den Zulassungsunterlagen angegebenen Wert lagen.
Doch da die "Ursachen für diese Schwankungen nicht klar
definiert werden können", leitet Greenpeace aus seinen
Untersuchungen die Forderung ab, "den Anbau der Pflanzen zu
untersagen".
Auch ein im Rahmen des BMBF-Programms Biologische
Sicherheitsforschung gefördertes Projekt hat sich eingehend mit
der Messung von Bt-Gehalten in MON810 beschäftigt. Im April 2007
haben Johannes Jehle und Hang Thu Nguyen vom DLR in
Neustand/Weinstraße ihre Ergebnisse in einer wissenschaftlichen
Fachzeitschrift veröffentlicht.
BioSicherheit: Im Rahmen des von BMBF geförderten
Sicherheitsforschungsprojekts haben Sie ebenfalls "deutliche"
Schwankungen im Bt-Toxin-Gehalt in den Pflanzen gefunden. Worauf
führen Sie die Schwankungen zurück?
Johannes Jehle*: Wir konnten zeigen, dass die
Bt-Expression in Abhängigkeit des untersuchten Pflanzenorgans,
der Entwicklungsstadien, des Standortes und damit der Witterung
schwanken. Viele dieser Unterschiede sind statistisch
signifikant. Weiterhin ist nicht auszuschließen, dass es auch
sortenspezifische Schwankungen gibt, allerdings wurde dies von
uns nicht untersucht.
BioSicherheit: In der Greenpeace-Studie traten z.T.
Schwankungen von bis zum hundertfachen zwischen 0,1 und 10 µg/g
Frischgewicht auf. Waren die Schwankungen, die Sie gefunden
haben, ebenso groß? Sehen Sie derartige Schwankungsbereiche als
agronomisch bedeutsam an?
Johannes Jehle: In unseren dreijährigen Messungen lagen
die maximalen Schwankungsbreiten, als das Verhältnis aus
maximaler Expression zu minimaler Expression je nach
Entwicklungstand zwischen 3-5fach, im Extremfall bis 14fach.
Viel aussagekräftiger als der Vergleich dieser Extremwerte sind
allerdings die Variationskoeffizienten, die sich aus dem
Verhältnis Standardabweichung zum Mittelwert ergeben. Diese
lagen bei unseren Erhebungen im Bereich zwischen 20 und 60
Prozent. In der Greenpeace-Studie waren diese teilweise über 200
Prozent. Über einen Zeitraum von drei Jahren mit extremen
Witterungsunterschieden waren die von uns gemessenen
Schwankungen also insgesamt um den Faktor 3-10fach geringer als
in den einjährigen Messungen von Greenpeace. Daher können wir
mit unseren Untersuchungen die Messungen von Greenpeace nicht
bestätigen.
Eine Schwankungsbreite - wie teilweise von Greenpeace gemessen -
hätte natürlich eine andere agronomische Bedeutung wie die von
uns gemessene Variabilität. In der DLR-Studie wurde ein
standardisierter und am DLR Rheinpfalz nochmals validierter,
kommerzieller Bt-Nachweis verwendet. Greenpeace hat
offensichtlich eine andere, selbst entwickelte Nachweismethodik
verwendet. Aufgrund der unterschiedlichen Messmethodik können
die Messungen von Greenpeace und uns sicherlich nicht direkt
verglichen werden.
BioSicherheit: Ergeben sich Ihrer Meinung nach aus den
beobachteten Schwankungen zwischen einzelnen Pflanzen und
Standorten Probleme für die Sicherheitsbewertung?
Johannes Jehle: Nein. Auf der Basis unserer Daten sahen
wir hierfür keinen Grund, da sich die Schwankungen in einem
biologisch erklärbaren, natürlichen Rahmen befanden.
BioSicherheit: Wie auch bei der Greenpeace-Studie lagen
die durchschnittlichen Werte unter den von Monsanto in den
Antragsunterlagen angegebenen Bt-Gehalten. Wie erklären Sie sich
das?
Johannes Jehle: Unsere Messungen lagen im Schnitt etwa 30
bis 40 Prozent unter veröffentlichten Daten aus den 1990er
Jahren. Es wäre sicherlich von Nutzen, wenn es mehr publizierte
Vergleichsdaten aus anderen Anbauregionen gäbe. Unsere Arbeit
ist hierzu ein wesentlicher Schritt. Wie bereits gesagt, spielen
Standort und Entwicklung die bedeutende Rolle bei der
Expression, eventuell auch der Sortenhintergrund. Gewisse
Unterschiede der Messungen können auch auf unterschiedlichen
Extraktionsmethoden und unterschiedliche Standards bei der
Proteinbestimmung resultieren. Direkte Hinweise auf eine
genetische Instabilität sehen wir aber überhaupt nicht, dann
müsste die Variabilität viel größer sein.
BioSicherheit: Welche Auswirkungen könnte der niedrigere
Gehalt auf die Sicherheitsbewertung haben?
Johannes Jehle: Die Sicherheitsbewertung wird nicht von
uns durchgeführt, auch wenn die hierfür zuständigen Behörden auf
unsere Daten zurückgreifen können. Im Rahmen der von uns
beobachteten Bt-Gehalte sehe ich allerdings keinen Grund an der
Sicherheitsbewertung zu zweifeln. Trotz der geringeren
Bt-Gehalte und der beobachteten Schwankungen zwischen
Einzelpflanzen bestätigen unsere Ergebnisse im Wesentlichen die
bekannten Angaben aus früheren Studien und decken sich nicht mit
den Messungen von Greenpeace.
BioSicherheit: Vielen Dank für das Gespräch!
*Dr. Johannes A. Jehle
Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum (DLR) Rheinpfalz,
Abteilung Phytomedizin, Biotechnologischer Pflanzenschutz in
Neustadt / Weinstraße |
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