Germany
July 2, 2007
Quelle:
Newsletter
bioSicherheit Nr.
75 / 02. Juli 2007
http://www.biosicherheit.de/de/aktuell/576.doku.html
Die europäische Behörde für
Lebensmittelsicherheit (EFSA) hat in einer Stellungnahme den
gentechnisch veränderten Bt-Mais MON863 erneut als sicher für
Mensch, Tier und Umwelt bewertet. MON863 war wiederholt in die
Kritik geraten. Dabei ging es immer wieder um eine vom
Antragsteller Monsanto im Zulassungsverfahren vorgelegte
Fütterungsstudie mit Ratten. Im März veröffentlichte eine
Arbeitsgruppe um den französischen Wissenschaftler Gilles Eric
Séralini eine erneute Auswertung der Daten und äußerte Zweifel
an der Unbedenklichkeit von MON863.
Die europäische Kommission hat daraufhin die EFSA aufgefordert,
ihre bisherige Stellungnahme im Hinblick auf die Neubewertung
der Daten durch Séralini zu überprüfen. Sie sollte hierzu auch
Stellungnahmen der Mitgliedstaaten einholen.
Die Vorgeschichte:
Am 2. April 2004 hatte das Gremium für gentechnisch veränderte
Organismen (GMO Panel) der EFSA eine erste Stellungnahme zu
MON863 abgegeben. Die Experten kamen darin zu dem Schluss, dass
der Mais als sicher für Mensch, Tier und Umwelt eingestuft
werden kann. Grundlage für die Sicherheitsbewertung war unter
anderem besagte von Monsanto durchgeführte 90-tägige
Fütterungsstudie mit Ratten. Männliche und weibliche Ratten
erhielten entweder eine Diät mit MON863-Mais in verschiedenen
Dosierungen oder die konventionelle Ausgangslinie sowie weitere
konventionelle Maissorten. Sowohl beim Wachstum der Tiere als
auch bei verschiedenen biologischen Parametern gab es vereinzelt
statistisch signifikante Abweichungen bei den mit MON863
gefütterten Tieren, die von der EFSA als "biologisch nicht
relevant" bewertet wurden.
Aber die Öffentlichkeit und insbesondere französische
Wissenschaftler hatten Zweifel an der Unbedenklichkeit von
MON863. Im Kern ging es darum, ob die beobachteten Abweichungen
bei den Ratten, die mit MON863 gefüttert wurden, im Rahmen der
üblichen "biologischen Streuung" liegen oder ob sie als Indizien
für gesundheitliche Gefahren zu werten sind. Es wurden weitere
Gutachten eingeholt. Im Oktober 2004 beriet das
EFSA-Expertengremium erneut und bekräftigte die Stellungnahme
aus dem Frühjahr: Die Fütterungsversuche lieferten keine
Hinweise, dass Mon863 für Menschen oder Tiere schädlich sein
könnte.
Aber die Diskussion um MON863 war damit nicht beendet. Nachdem
Greenpeace die Veröffentlichung der kompletten Fütterungsstudie
im Juni 2005 gerichtlich durchgesetzt hatte, machte sich die
Arbeitsgruppe um Séralini daran, die Original-Daten der
Monsanto-Studie erneut auszuwerten. Séralini und seine
Mitarbeiter kommen in ihrer Analyse zu dem Schluss, dass Ratten,
die mit MON863-Maiskörner gefüttert wurden, geringfügige, aber
dosierungsabhängige Abweichungen im Wachstum bei beiden
Geschlechtern zeigten. Außerdem könnten einige der statistisch
signifikanten Abweichungen etwa bei den Blut- und Urinmessungen
als Hinweise auf Leber- oder Nierentoxizität gedeutet werden.
Dritte Stellungnahme der EFSA: Keine neuen Erkenntnisse
Eine Arbeitsgruppe der EFSA hat
sich mit den statistischen Methoden der Séralini-Analyse
beschäftigt, sich mit den Autoren der Studie getroffen und
selbst eine neuerliche Auswertung vorgenommen. Zusätzlich wurde
ein französisches Institut mit einer weiteren Analyse der
statistischen Auswertung der Daten beauftragt. Die zuständigen
Behörden der Mitgliedstaaten wurden ebenfalls um eine
Stellungnahme gebeten.
Zusammenfassend kommt die EFSA zu folgender Einschätzung:
- Alle statistisch
signifikanten Abweichungen bei einzelnen Test-Parametern der
Fütterungsstudie wurden noch einmal analysiert und bewertet
und zwar unter Berücksichtigung von Art und Bedeutung,
Ausmaß und Häufigkeit sowie im Hinblick auf eine mögliche
Dosisabhängigkeit oder einen Einfluss des Geschlechts.
- Die beobachteten
Differenzen lassen sich in den meisten Fällen nicht in
Beziehung setzen zu einer bestimmten Dosierung und zum
Geschlecht der Versuchstiere. Mal gab es geringere, mal
höhere Werte, die als isolierte zufällige Phänomene gedeutet
werden können. Unterschiede in Blut- und Urinwerten konnten
nicht in den Gewebeschnitten bestätigt werden, und weisen
von daher nicht auf Organ-Schädigungen hin.
- Die Hypothese von
Séralini, dass die beobachteten Veränderungen in der
Gewichtszunahme ein Hinweis sein könnten auf eine Störung
des Hormonhaushalts, kann nicht durch die experimentellen
Daten belegt werden.
- Im Unterschied zu Séralini
hat das GMO Panel die biologische Relevanz aller statistisch
signifikanten Unterschiede zwischen den mit gv-Mais
gefütterten Tieren und der isogenen Kontroll-Gruppe
eingeschätzt. Dabei wurde auch die natürliche Variabilität
berücksichtigt, die sich aus den Daten der mit weiteren
konventionellen Maissorten gefütterten Kontroll-Gruppen
abschätzen ließ. Vor diesem Hintergrund wurden die Effekte
als biologisch nicht relevant eingestuft.
- Nach Auffassung des GMO
Panels gibt die Studie von Séralini keine neuen Hinweise auf
toxikologisch relevante Ergebnisse. Es gebe demnach keinen
Grund, die bereits 2004 abgegebene Stellungnahme, dass
Mon863 keine negativen Auswirkungen auf die Gesundheit von
Mensch, Tier und Umwelt habe, zu ändern.
- Es wurden zur Bewertung
unterschiedliche statistische Methoden angewandt. Das GMO
Panel sieht es als notwendig an, die statistischen Methoden
zur Auswertung von tierischen Studien zu vereinheitlichen.
Es wurde bereits eine Arbeitsgruppe des GMO Panels für diese
Aufgabe eingerichtet.
RELATED RELEASE:
European Food Safety
Authority reaffirms its risk assessment of genetically modified
maize MON 863 |
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Maispflanze
mit Schäden an der Wurzel
MON863 ist gentechnisch
veränderter Bt-Mais, der gegen
den Maiswurzelbohrer resistent
ist. Der Maisschädling befällt
vor allem die Wurzeln der
Maispflanzen. In Europa breitet
der Schädling sich erst seit
Anfang der neunziger Jahre aus.
MON863 ist seit Januar 2006 in
der EU als Lebens- und
Futtermittel zugelassen.
Die EFSA hat von 11
Mitgliedstaaten (Österreich,
tschechische Republik, Irland,
Frankreich, Deutschland, Ungarn,
Italien, Niederlande, Rumänien,
Schweden und UK) Stellungnahmen
erhalten. Mit Ausnahme von 2
Staaten sehen sie keinen
weiteren Handlungsbedarf.
Österreich und Ungarn fordern
weitere Untersuchungen.
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