Bonn, Germany
April 8, 2009
Quelle:
Der Bundesverband Deutscher
Pflanzenzüchter e.V.
Weltweit führende
Pflanzenforscher, maßgebliche Repräsentanten der Wirtschaft und
Administration sind zum Innovationsforum Pflanze auf dem
Petersberg in Bonn zusammengekommen. Mit den dort
verabschiedeten Petersberger Thesen fordern sie die Stärkung der
Pflanzenforschung in Deutschland und den Ausbau ihrer
Spitzenposition.
Die Unterzeichner der Petersberger Thesen fordern, die
High-Tech-Strategie der Bundesregierung konsequent
weiterzuentwickeln und die Forschungsprogramme auf die
Potenziale der Pflanzenerforschung strategisch auszurichten.
"Eine erfolgreiche wissensbasierte Pflanzenforschung wird der
Agrarwirtschaft neue wettbewerbsorientierte Perspektiven
eröffnen, die Rohstoffbasis für die Industrie zukunftssicherer
gestalten und die Innovationskraft Deutschlands langfristig
sichern", so Dr. Kartz von Kameke, Vorsitzender des
Bundesverbandes Deutscher Pflanzenzüchter e.V. und Teilnehmer
der Konferenz. "Damit können wir einen Technologiesprung
schaffen, der Innovationen in allen Wirtschafts- und
Wissenschaftsbereichen auslöst."
Pflanzenzüchtung muss vorhersagbar werden
Die Ernährungssicherung einer wachsenden Weltbevölkerung sowie
der Einsatz regenerativer Energie und nachwachsender Rohstoffe
sind für nachhaltige industrielle Wirtschaftsweisen - auch
angesichts sich abzeichnender Konsequenzen des Klimawandels -
von gesellschaftlicher Verantwortung. "Wir müssen uns dieser
Verantwortung stellen. Eine Lösung wird uns nur gelingen, wenn
wir neue Technologien weiterentwickeln können, die die
umfassende Entschlüsselung der genetischen Vielfalt sowie die
Erfassung des gesamten biologischen Systems Pflanze in all
seinen Dimensionen erlauben", so Prof. Dr. Mark Stitt, Direktor
am Max-Planck-Institut für molekulare Pflanzenphysiologie in
Golm und Unterzeichner der Petersberger Thesen. Damit dies
gelingt, fordern die Wissenschaftler und Züchter stärkere
interdisziplinäre Kooperationen mit angrenzenden Bereichen. Nach
Ansicht der Konferenzteilnehmer müssen die Bio- und
Züchtungsinformatik ausgebaut werden, um die in der
Genomforschung und Phänotypisierung gewonnenen Erkenntnisse
effizient zu nutzen. Alle Techniken und Erkenntnisse müssen
mittels der Systemforschung zusammengeführt werden, um
Pflanzenzüchtung vorhersagbar zu machen.
Nationale und Internationale Kooperationen
Pflanzenforschung und Züchtung bekennen sich zudem in den
Petersberger Thesen wechselseitig zur intensiveren Vernetzung.
Sie streben durchgängig von der Grundlagenforschung über das
Saatgut bis hin zum Endprodukt eine enge Zusammenarbeit an. Von
Wirtschaftsseite werden sich Unternehmen nach den Prinzipien der
Public Private Partnership weiter in Kooperationen mit der
Wissenschaft einbringen. Auch die internationale Vernetzung
sehen die Unterzeichner der Petersberger Thesen als wichtiges
gemeinsames Ziel an. Sie wollen die internationale Vernetzung
vorantreiben und sich damit der weltweiten Verantwortung
stellen, Spitzentechnologien auch in Entwicklungs- und
Schwellenländern in die praktische Anwendung zu überführen.
Die Petersberger Thesen sind Richtschnur für Administration,
Wissenschaft und Wirtschaft zur Zusammenführung der
entsprechenden Wissenschaftsgebiete und Wirtschaftsbranchen.
Innovationsforum Pflanze
Petersberger Thesen zur Zukunft der
Pflanzenforschung |
Petersberg, den 13.03.2009
PRÄAMBEL:
Pflanzen sind die Basis allen Lebens und der
Schlüssel zur Lösung vieler globaler
Herausforderungen. Die Ernährung einer wachsenden
Weltbevölkerung bei steigen-der Nachfrage und
veränderten Ernährungsgewohnheiten muss
sichergestellt wer-den. Regenerative Energien und
nachwachsende Rohstoffe sollen Grundlagen für eine
nachhaltige industrielle Produktion bilden. Diese
Ziele müssen auch angesichts sich abzeichnender
Konsequenzen des Klimawandels verfolgt werden. In
jedem Fall muss die landwirtschaftliche Erzeugung
nachhaltig und umweltverträglich sein, damit die
Lebensgrundlagen für künftige Generationen erhalten
bleiben.
Zur effizienten Nutzung der Potenziale der Pflanzen
haben die Lebenswissenschaf-ten in den vergangenen
Jahren wesentlich beigetragen und sich dabei von
einer vorwiegend beschreibenden (deskriptiven) zu
einer vorhersagenden (prädiktiven) Disziplin
gewandelt. Das hat auch gesellschaftlich größte
Bedeutung, weil damit Pflanzen zur tragenden Säule
der Wissensbasierten Bioökonomie (KBBE
„knowled-ge-based bio economy“) werden. Der damit
verbundene Technologiesprung wird In-novationen in
allen Wirtschafts- und Wissenschaftsbereichen
auslösen.
Die High-Tech-Strategie der Bundesregierung muss
konsequent weiterentwickelt und daraufhin in ihren
Forschungsprogrammen strategisch ausgerichtet
werden.
THESEN:
- Deutschland
nimmt in den Pflanzenwissenschaften
international eine Spitzen-position ein. Um
diese zu erhalten und auszubauen, müssen die
Pflanzenwissenschaften auf allen Ebenen -
auch in der interdisziplinären Kooperation mit
angrenzenden Bereichen - weiter gestärkt
werden.
- Die
Genomforschung bildet die wesentliche
wissenschaftliche Grundlage zur Aufklärung der
genetischen und damit biologischen Vielfalt
aller Arten. Sie muss weiter vorangetrieben
werden, um so auch die genetische Vielfalt
innerhalb der Kulturarten für deren gezielte
pflanzenzüchterische Verbesserung nutzbar zu
machen (De novo- und Re-Sequenzierung;
umfassende molekulare Profilanalysen).
- Neue Konzepte
und Technologien werden benötigt, um die
systematische und präzise Analyse
pflanzlicher Strukturen und Funktionen in
ihrer Wechselwir-kung mit der sich dynamisch
ändernden Umwelt zu ermöglichen
(Phänotypisierung). Diese Untersuchungen müssen
auf allen relevanten Ebenen - von der
molekularen Ebene bis hin zu Feldbeständen -
durchgeführt werden können. Dabei steht die
Ausrichtung auf konkrete biologische
Fragestellungen im Vordergrund. Insgesamt ist
hierzu die Entwicklung und Integration
interdisziplinärer wissenschaftlicher Expertise
notwendig.
- Genomforschung
und Phänotypisierung erzeugen immense
Datenmengen. Um diese dauerhaft zugänglich und
nutzbar zu machen, muss eine angewandte und
anwenderfreundliche Bio- und Züchtungsinformatik
im Sinne einer Ingeni-eurwissenschaft aufgebaut
werden. Darüber hinaus bedarf es breit
verankerter, neuer biostatistischer Verfahren
und Methoden. Nur so können die Daten
effizient in Forschung und Anwendung genutzt
werden.
- Die
Systemforschung
(Systembiologie/Modellbildung) wird die
Erkenntnisse aus Genomforschung,
Phänotypisierung und integrativer Bio- und
Züchtungsin-formatik bezogen auf konkrete
biologische Fragestellungen zusammenführen. Das
biologische System Pflanze kann somit insgesamt
besser verstanden werden. Dies ist die Grundlage
für eine gezielte, wissensbasierte und
vorhersagende Pflanzenzüchtung (Prädiktive
Pflanzenzüchtung).
- Zur
Erschließung dieser neuen Technologiefelder ist
eine exzellente Ausbildung des
wissenschaftlichen Nachwuchses unabdingbar.
Experten müssen interdisziplinär
ausgebildet werden.
- Die
Wissenschaft bekennt sich dazu, neue
Erkenntnisse in Kooperationen mit der
Wirtschaft zu generieren und einzubringen, um
Brücken für die Anwendung mit zu bauen.
- Die Wirtschaft
bekennt sich dazu, die Prinzipien der „Public
Private Partnership“ zu stärken, eigene
finanzielle und inhaltliche Beiträge zu leisten
und diese in Kooperationen mit der Wissenschaft
einzubringen. Sie wird neue, innovative Produkte
entwickeln und damit Wertschöpfung für
die gesamte Gesellschaft generieren.
- Durchgängige
Wissenstransferketten, die bis zur
praktischen Anwendung führen, müssen etabliert
und dafür notwendige Strukturen insbesondere im
Hinblick auf interdisziplinäre Anforderungen
ausgebaut werden. Hiermit können neue
Wertschöpfungsketten erschlossen werden.
- Zur
Ausschöpfung der Potentiale der
Pflanzenforschung müssen für Wissen-schaft und
Wirtschaft verlässliche - auch rechtliche -
Rahmenbedingungen geschaffen werden. Von der
öffentlichen Seite ist zudem eine adäquate
finanzielle Förderung mit der notwendigen
zeitlichen Perspektive erforderlich.
- Der Aufbau der
KBBE erfordert ein Zusammenwirken der
Pflanzenforschung mit allen
Wirtschaftsbereichen, die Pflanzen zur
Weiterverarbeitung bzw. als Rohstoffe einsetzen.
Diese wissensbasierte Bioökonomie wird die
Agrarwirtschaft global wettbewerbsfähiger
machen, die Rohstoffbasis für die Industrie
zukunftssicherer gestalten und die
Innovationskraft Deutschlands langfristig
sichern.
- Die deutsche
Pflanzenforschung und -züchtung wird die
internationale Vernetzung vorantreiben. Sie
wird sich zudem der globalen Verantwortung
stellen, damit diese Spitzentechnologie auch in
Entwicklungs- und Schwellenländern in die
praktische Anwendung überführt wird.
Prof. Dr. Thomas Altmann
Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und
Kulturpflanzenforschung (IPK)
Prof. Dr. Dieter Berg
Consultant, 53505 Kreuzberg
Dr. Reinhard von Broock
KWS LOCHOW GmbH
Dr. Carl Bulich
Gemeinschaft zur Förderung der privaten
Pflanzenzüchtung e. V.
Prof. Dr. Rainer Fischer
Fraunhofer-Institut für Molekularbiologie
Dr. Martin Frauen
Norddeutsche Pflanzenzucht Hans-Georg Lembke KG
Prof. Dr. Wolfgang Friedt
Justus-Liebig-Universität Gießen
Prof. Dr. Andreas Graner
Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und
Kulturpflanzenforschung (IPK)
Prof. Dr. Wilhelm Gruissem
ETH Zürich
Dr. Petra Jorasch
Gesellschaft für Erwerb und Verwertung von
Schutzrechten – GVS mbH
Dr. Kartz von Kameke
SaKa Pflanzenzucht GbR
Dr. Gunhild Leckband
Norddeutsche Pflanzenzucht Hans-Georg Lembke KG
Dr. Jens Lübeck
SaKa Pflanzenzucht GbR
Dr. Michael Metzlaff
Bayer CropScience S. A.
Prof. Dr. Bernd Müller-Röber
Universität Potsdam
PD Dr. Frank Ordon
Julius-Kühn-Institut (JKI)
Prof. Dr. Karl Schmid
Universität Hohenheim
Dr. Ferdinand Schmitz
Bundesverband Deutscher deutschen
Pflanzenzüchter e. V.
Dr. Werner Schultz
KWS SAAT AG
Prof. Dr. Ulrich Schurr
Forschungszentrum Jülich GmbH
Dr. Nils Stein
Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und
Kulturpflanzenforschung (IPK)
Dr. Dieter Stelling
Deutsche Saatveredelung AG
Prof. Dr. Mark Stitt
Max-Planck-Institut für Molekulare
Pflanzenphysiologie
Dr. Stefan Streng
Saatzucht Streng GmbH & Co. KG
Dr. Günter Strittmatter
KWS SAAT AG
Dr. Jens Weyen
Saaten-Union Resistenzlabor GmbH
Dr. Frank P. Wolter
Gesellschaft für Erwerb und Verwertung von
Schutzrechten – GVS mbH |
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