Bonn, Germany
June 29, 2006Der
Internationale Saatgutvertrag der
Welternährungsorganisation der Vereinten Nationen (FAO)
steht jetzt unmittelbar vor seiner praktischen Anwendung. Die
103 Unterzeichnerstaaten haben unter Beteiligung der übrigen
Mitgliedstaaten der FAO auf der ersten Sitzung des
Lenkungsorgangs des Vertrages in der Zeit vom 12. bis 16. Juni
in Madrid neben den Verfahrens- und Finanzierungsregeln auch ein
so genanntes Material Transfer Abkommen (MTA) verabschiedet. Der
formell 2004 in Kraft getretene Vertrag wurde damit um den
entscheidenden Schlussstein ergänzt. Erstmals seit
Verabschiedung der Convention on Biological Diversity im Jahre
1992 ist nun wieder freier und rechtssicherer Zugang zu
pflanzlichem Zuchtmaterial möglich.
Die Genbanken der Unterzeichnerstaaten werden künftig
Pflanzenmaterial zu Züchtungszwecken ausschließlich nach den
Bedingungen dieses MTA zur Verfügung stellen. Dieses
Multilaterale System des Zugangs zu pflanzengenetischen
Ressourcen ist ein bedeutender Beitrag zur nachhaltigen Nutzung
der Biologischen Vielfalt und gewährleistet dauerhaften
Fortschritt in der Pflanzenzüchtung.
Das MTA enthält neben den Zugangsregeln auch Bestimmungen über
den Vorteilsausgleich. Pflanzensorten, die mit Material aus dem
Multilateralen System gezüchtet werden, dürfen vom Züchter
geschützt werden. Falls dieser Schutz - wie in Europa und weiten
Teilen der Welt üblich - nach den Bestimmungen des
Internationalen Übereinkommens zum Schutz von Pflanzenzüchtungen
erfolgt, hat jedermann weiterhin das Recht, mit der geschützten
Sorte zu züchten. Dieser freie Zugang wird vom Internationalen
Saatgutvertrag als wichtiger Beitrag zur nachhaltigen Nutzung
der Biologischen Vielfalt und als wertvolle Form des
Vorteilsausgleichs anerkannt. Einen finanziellen
Vorteilsausgleich sieht das MTA ausschließlich für den Fall vor,
dass eine Pflanzensorte für weitere Züchtung und Forschung nicht
mehr zur Verfügung steht. Der Vorteilsausgleich beträgt in dann
1,1 % der Nettoumsätze mit dem Saatgut der Sorte. Dieser Fall
tritt vornehmlich in Staaten auf, die wie zum Beispiel die USA
für Pflanzensorten den Patentschutz zulassen. Der Anteil von 1,1
% ist hoch, bedenkt man, dass in aller Regel der Züchter seinen
Umsatz nicht aus dem Saatgutverkauf erzielt, sondern nur aus den
Lizenzgebühren. Diese machen nur einen Bruchteil der
Saatgutumsätze aus.
Optional bietet das MTA einen niedrigeren Prozentsatz von 0,5 %
an. Dieser Beitrag muss dann aber auf alle Sorten gezahlt
werden, die zur gleichen Pflanzenart wie das aus dem
Multilateralen System gelieferte Material gehören. In diesem
Fall ist es für die Zahlungspflicht unerheblich, ob in den
Sorten dieser Art tatsächlich Material aus dem Multilateralen
System enthalten ist.
Der Bundesverband Deutscher
Pflanzenzüchter begrüßt die Verabschiedung des MTA als einen
wichtigen Beitrag zum Erhalt und der nachhaltigen Nutzung der
biologischen Vielfalt. Der freie und rechtssichere Zugang zu
Zuchtmaterial gilt derzeit für gut 60 landwirtschaftliche Arten
und Grünlandarten. Der BDP setzt sich für eine baldige und
möglichst umfassende Ausweitung auf weitere Pflanzenarten mit
Bedeutung für Landwirtschaft und Ernährung ein. |