Golm, Germany
August 2, 2005
Golmer Max-Planck-Forscher
identifizieren ungewöhnliches Zuckermolekül, das die
Stärkespeicherung in Pflanzen reguliert
Wissenschaftlern des Max-Planck-Institutes für molekulare
Pflanzenphysiologie in Golm bei Potsdam ist es gelungen, mit
Hilfe gentechnischer und biochemischer Methoden ein Signal zu
entschlüsseln, das die Speicherung von Stärke in Pflanzen
reguliert. Stärke besitzt eine große wirtschaftliche Bedeutung,
da sie einerseits Grundlage unserer Ernährung ist und
andererseits als nachwachsender Rohstoff in der Industrie
vielseitig eingesetzt wird. Wie in der aktuellen Ausgabe von
PNAS (Proceedings of the National Academy) veröffentlicht,
konnten die Forscher die Vorstufe eines ungewöhnlichen Zuckers,
Trehalose-6-Phosphat, als Signalmolekül identifizieren, das die
Stärkespeicherung in Pflanzen stimuliert. Die Erkenntnisse zur
Regulation der Stärkespeicherung in Pflanzen bieten gleichzeitig
auch Einblicke in die Evolution des pflanzlichen Stoffwechsels.
Trehalose-6-Phosphat kommt als Vorstufe des Zuckers Trehalose
bereits in Bakterien vor und etablierte sich in der Evolution
als Signalmolekül, das Wachstums- und Speicherprozesse bei
ständig wechselnden Umweltbedingungen optimiert (PNAS, 2. August
2005).
Pflanzen besitzen die Fähigkeit, mit Hilfe photosynthetischer
Prozesse anorganisches Kohlendioxid in organische Zucker wie
Saccharose (Haushaltszucker) oder Glukose umzuwandeln. Diese
werden für Wachstum und Speicherung genutzt, wobei Stärke als
hauptsächliches Speicherprodukt in den Chloroplasten
pflanzlicher Zellen entsteht. Bei einem Überschuss von
Saccharose wird besonders viel Stärke gebildet. Über welche
Signalwege dies erfolgt, war bislang unbekannt.
Trehalose ist ein ungewöhnlicher Zucker, der in einer Reihe von
Organismen natürlich produziert wird. Er kommt in Pilzen,
Bakterien und Insekten vor, ist pharmakologisch wirksam und wird
bei der Lagerung menschlicher Gewebe für eine Vielzahl
medizinischer Behandlungen eingesetzt. Da Pflanzen normalerweise
nur geringe Spuren dieses ungewöhnlichen Zuckers enthalten, war
lange Zeit rätselhaft, warum während der Evolution der
Trehalose-Syntheseweg in Pflanzen beibehalten wurde.
Die Max-Planck-Wissenschaftler konnten nun zeigen, dass
Trehalose-6-Phosphat, die Vorstufe von Trehalose, in geringen
Konzentrationen notwendig ist, um die Stärkespeicherung in
Pflanzen bei Saccharoseüberschuss zu stimulieren. Dies konnte
sowohl mit Hilfe transgener Pflanzen belegt werden, die
veränderte Konzentrationen von Trehalose-6-Phosphat aufwiesen,
als auch durch direkte Zugabe von Trehalose-6-Phosphat in
Chloroplasten. Erhöhte Konzentrationen von Trehalose-6-Phosphat
führten dabei zu Aktivierung von ADP-Glukose Pyrophosphorylase,
dem Schlüsselenzym der Stärkesynthese. Transgene Pflanzen, die
in der Synthese von Trehalose-6-Phosphat eingeschränkt waren,
zeigten deutlich verringerte Stärkegehalte auch in der
Anwesenheit hoher Saccharose-Konzentrationen.
Dr. Peter Geigenberger, Arbeitsgruppenleiter am
Max-Planck-Institut für molekulare Pflanzenphysiologie, erklärt:
"Die Ergebnisse geben nicht nur Aufschluss über die Regulation
der Stärkespeicherung in den Chlorplasten, sondern sind auch
entwicklungsgeschichtlich von großer Bedeutung." Der Grund dafür
ist, dass die Chloroplasten der Pflanzen von photosynthetischen
Bakterien abstammen, die im Laufe der Evolution in die Zellen
aufgenommen und integriert wurden. Dabei mussten
Signalmechanismen etabliert werden, die die Stoffwechselprozesse
in den Chloroplasten an die Bedürfnisse der sie umgebenen Zelle
anpassen. In diesem Zusammenhang wurde eine Vorstufe des sehr
alten Trehalose-Stoffwechselweges als Signalmolekül benutzt, um
Speicherprozesse in den Chloroplasten an den allgemeinen
Zuckerstatus der Zelle anzupassen.
Originalveröffentlichung:
Trehalose 6-phosphate regulates starch synthesis
via posttranslational redox activation of ADP-glucose
pyrophosphorylase
Anna Kolbe, Axel Tiessen, Henriette
Schluepmann, Matthew Paul, Silke Ulrich and Peter Geigenberger
Proceedings of the National Academy of Sciences of the United
States of America (PNAS) , August 2, 2005, vol. 102, pp. 11118-
11123 |