Potsdam, Germany
August 12, 2005
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Eingefrorene Arabidopsis-Pflanze.
Diese Pflanze wurde unter speziellen Laborbedingungen
eingefroren. Arabidopsis ist aber auch in der Lage,
unter natürlichen Bedingungen im Freiland zu
überwintern.
Bild: Max-Planck-Institut für molekulare
Pflanzenphysiologie |
Viele
Pflanzen sind in der Lage, ihre Frosttoleranz zu erhöhen, wenn
sie längere Zeit kühleren Temperaturen ausgesetzt sind.
Bisherige Untersuchungen hatten gezeigt, dass diese
Akklimatisierung von komplexen Veränderungen in der Expression
von Genen und Gengruppen begleitet ist. Wissenschaftler des
Max-Planck-Instituts für molekulare Pflanzenphysiologie in
Potsdam haben jetzt erstmals die Aktivität aller Gene einer
Pflanze, der Ackerschmalwand, vor und nach einer solchen
Kälteanpassung miteinander verglichen. Dabei stellte sich
heraus, dass sich dabei die Expression bei über 2.000 Genen
signifikant verändert. Dieser Vergleich legt erstmals offen,
welche Prozesse in Pflanzen bei der Vorbereitung auf die
Überwinterung dominieren (PloS Genetics, 11. August 2005).
Frosttoleranz ist
für Pflanzen in gemäßigten und kalten Klimazonen ein wichtiger
Faktor, der die geographische Verbreitung einer Art entscheidend
mitbestimmt. In der Landwirtschaft führen Frosteinbrüche darüber
hinaus immer wieder zu katastrophalen Ernteverlusten. Doch der
klassischen Pflanzenzüchtung ist es bisher nicht gelungen, die
Frosttoleranz wichtiger Kulturpflanzen entscheidend zu
verbessern. Dies liegt vor allem daran, dass die Frosttoleranz
ein komplexes, quantitatives Merkmal von Pflanzen ist, das
keinem einfachen Mendelschen Vererbungsschema folgt.
Zudem sind viele Pflanzen der gemäßigten Breiten in der Lage,
während einer Akklimatisierungsphase von mehreren Tagen bis
Wochen bei Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt ihre
Frosttoleranz deutlich zu erhöhen. In der Natur findet dieser
Prozess im Herbst statt und bereitet die Pflanzen auf des
Überleben im Winter vor.
Diese Akklimatisierungsfähigkeit ist seit langem bekannt und die
ihnen zugrunde liegenden physiologischen und genetischen
Mechanismen wurden vielfach untersucht. Dennoch war bisher
unbekannt, wie viele und welche Gene an der Akklimatisierung
einer Pflanze an niedrige Temperaturen beteiligt sind.
Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für molekulare
Pflanzenphysiologie haben deshalb die Expression aller Gene von
Arabidopsis thaliana, der Ackerschmalwand, mit Hilfe spezieller
"Microarray"-Techniken untersucht. Diese erlauben es inzwischen,
die Aktivität aller Gene eines Organismus in einer einzigen
Messung zu bestimmen.
Arabidopsis ist einer der wichtigsten pflanzlichen
Modellorganismen und zeigt eine gute Kälteakklimatisierung. Da
das Genom dieser Pflanze vollständig sequenziert ist, eignet sie
sich besonders gut für Experimente, bei denen die globale
Regulation der Genexpression untersucht wird.
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2 Analyse der Änderungen
der Genexpression in Arabidopsis thaliana während
der Kälteakklimatisierung. Die Gene sind graphisch
einzelnen Stoffwechselwegen zugeordnet. Dies
geschieht automatisch mit der am Max-Planck-Institut
für molekulare Pflanzenphysiologie entwickelten
Software MAPMAN. Blau markierte Gene wurden nach der
Akklimatisierung verstärkt, rot markierte Gene
hingegen weniger stark exprimiert.
Bild: Max-Planck-Institut für molekulare
Pflanzenphysiologie
|
Bei den
Untersuchungen zeigte sich, dass nach einer Akklimatisierung von
14 Tagen bei 4 Grad Celsius sich die Expression bei mehr als
2.000 Genen signifikant veränderte (s. Abb. 2). Das sind fast
zehn Prozent aller untersuchten Gene. Die Zuordnung der
identifizierten Gene zu funktionellen Gruppen erlaubt nun
Rückschlüsse auf wichtige, bisher nicht identifizierte
physiologische Anpassungsmechanismen.
Diese Informationen sind nicht nur wichtig, um die Anpassung von
Pflanzen an natürliche Winterbedingungen besser zu verstehen,
sondern auch, um die Frosttoleranz von Nutzpflanzen züchterisch
gezielt verbessern zu können.
Originalveröffentlichung:
Matthew A. Hannah, Arnd G. Heyer, Dirk K.
Hincha
A global survey of gene regulation during
cold acclimation in Arabidopsis thaliana
PloS Genetics, August 2005, Volume 1, Issue
2, 11 August 2005 |