Berlin, Germany
July 27, 2005
Die Bauern warten auf besseres Wetter. Seit mehr
als einer Woche stehen die meisten Mähdrescher still. Durch
anhaltende Regenfälle kommt die Ernte ins Stocken. Außerdem
drückt das ausbleibende Biergartenwetter auf den ohnehin
rückläufigen Bierabsatz. Dies bekommen auch die
Braugerstenerzeuger zu spüren. Dies teilte
der Deutsche Bauernverband
(DBV) in seinem zweiten Erntebericht mit.
Lediglich die Wintergerste konnte zum Großteil geerntet werden.
Die Erträge liegen im Süden und in der Mitte Deutschlands etwa
10 Prozent unter dem Vorjahresniveau und entsprechen damit dem
langjährigen Durchschnittsertrag. Nur in Westfalen-Lippe wird
das Vorjahresergebnis anscheinend übertroffen (plus 10 Prozent).
Die Ware konnte überwiegend trocken eingefahren werden. Das
Hektolitergewicht liegt im Süden und Westen meist über 64
Kilogramm pro Hektoliter, im Osten bedingt durch den
Niederschlagsmangel auch schon mal unter 60 Kilogramm pro
Hektoliter. In Schleswig-Holstein steht die Hälfte der
Wintergerste noch auf dem Feld. Der Ertrag könnte ebenfalls
besser als im Vorjahr sein, allerdings sind im Süden
Schleswig-Holsteins einige Hagelschäden zu verzeichnen.
Die Vermarktung der Wintergerste läuft nach wie vor positiv. Der
abgeleitete Interventionspreis (82 bis 85 Euro pro Tonne) spielt
nur noch vereinzelt im Süden eine Rolle. Ansonsten führten die
hohe Nachfrage der Mischfutterhersteller und Exporteure zu
Preisen von zum Teil über 100 Euro pro Tonne im Norden und
Nordwesten Deutschlands.
Der Raps konnte lediglich in der südlichen Rheinschiene schon
fast vollständig geerntet werden. Im übrigen Süden und der Mitte
Deutschlands steht noch etwa die Hälfte und im Norden wurde erst
vereinzelt mit der Ernte begonnen. Die Erträge fallen regional
sehr unterschiedlich aus. Im Süden wurden etwa 10 Prozent
weniger als im Vorjahr geerntet. Im Osten eher 20 Prozent
weniger, bedingt durch Frost, Trockenheit, Hagel und in einigen
Regionen durch Mäusefraß. Bei der früh geernteten Ware geht man
von guter Qualität aus. Zuletzt traten häufiger Probleme durch
eine unterschiedliche Abreife (Wassermangel) in den Beständen
auf. Die Preise für Raps, der aus der Ernte heraus verkauft
werden muss, sind enttäuschend. Nur bei entsprechenden
Vorkontrakten konnten deutlich über 200 Euro pro Tonne erzielt
werden.
Wenig erfreulich ist bisher die Situation bei der Sommergerste,
die bei uns meistens als Braugerste angebaut wird. In den
südlichen Niederungen wurden schon gut 80 Prozent geerntet. Der
Ertrag lag dort etwa 20 Prozent unter dem Vorjahr. Wichtiger
aber noch: Die Trockenheit führte zu einer unzureichenden
Kornausbildung. Der bei der Braugerste wichtige Vollkornanteil
lag häufig weit unter 80 Prozent, so dass selbst eine „scharfe
Sortierung“ nicht lohnte. Im südlichen Rheinland-Pfalz dürfte
weniger als 50 Prozent der Gerste braufähig sein. Abzuwarten
bleibt, ob in den Höhenlagen und im Norden Deutschlands bessere
Qualitäten erzielt werden.
Wirtschaftlich gesehen, droht den Braugerstenerzeugern damit
erneut eine bittere Enttäu¬schung. Die spezielle Anbaumethode
(für einen möglichst geringen Eiweißgehalt wird bewusst auf
einen hohen Ertrag verzichtet) erfordert Preise deutlich über
125 Euro pro Tonne. Hinzu kommt das hohe Ertrags- und
Qualitätsrisiko, wie in diesem Jahr zu sehen. Für braufähige
Ware erhalten die Erzeuger aber derzeit lediglich 100 bis 115
Euro pro Tonne. Nicht-braufähige Partien werden nach dem
Futterwert mit rund 80 Euro pro Tonne bezahlt (minus 30
Prozent). Nachdem schon im Vorjahr die Rentabilitätsgrenze
deutlich verfehlt wurde, dürften jetzt viele Bauern aus dem
Braugerstenanbau aussteigen. Hintergrund ist zum einen der
deutlich sinkende Bierverbrauch in Deutschland und eine enorme
Konzentration innerhalb der Brauereien. Leidtragende sind
Mälzereien und deren Zulieferer, die Braugerstenerzeuger. Dabei
müsste das Bier keinen Cent teurer werden, um den Bauern einen
wirtschaftlichen Anbau zu erm öglichen. Denn der Erlösanteil der
Braugerste in einem Glas Bier (0,2 Liter) beträgt lediglich
0,005 Euro.
Bei den übrigen Getreidearten steht der Großteil der Früchte
noch auf dem Feld. Genauere Ernteprognosen sind daher kaum
möglich. Bei Roggen wurden zum Beispiel erst 10 Prozent der
Fläche geerntet. Die guten Erträge des Vorjahres, das lässt sich
schon vorhersagen, werden nicht erreicht. Dafür sieht es bei der
Vermarktung derzeit besser aus. Nach dem Wegfall der
Intervention bekamen Landwirte im letzten Jahr teilweise 70 Euro
pro Tonne und weniger gezahlt. Jetzt werden 80 bis 90 Euro pro
Tonne für Roggen je nach Qualität genannt.
Auch Weizen, die wichtigste Getreideart in Deutschland, konnte
bisher nur im Südwesten, hauptsächlich in der Rheinebene,
geerntet werden. In allen übrigen Regionen blicken die Bauern
immer mehr mit Sorge auf die stehende Frucht. Zwar wurden im
Frühsommer noch durchschnittliche bis überdurchschnittliche
Erträge erwartet. Aber es stellt sich die Frage, wie groß die
Schäden durch die Trockenheit und die Hitze Ende Juni/Anfang
Juli sind. Der Wassermangel während der Kornausbildung führte
doch in einigen Regionen zu kleineren Körnern und zum Teil zur
Notreife. - Entscheidend aber ist: Die Bauern brauchen jetzt
gutes Erntewetter! |