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Pflanzenbiotechnologie keine Option, sondern ein Muß
November 3, 1999

Aus den Ausführungen von Dr. Stefan Marcinowski, Mitglied des Vorstands der BASF Aktiengesellschaft, Ludwigshafen, anlässlich der Podiumsdiskussion "Gentechnisch veränderte
Pflanzen - Irrweg oder Chance?"

Europa: arm an Rohstoffen - reich an Ideen
Bei Rohstoffen zählt Europa im internationalen Vergleich zu den Habenichtsen. Menschen mit Ideen, Inventionen und Innovationen haben Europa unseren heutigen Wohlstand und unsere Wirtschaftskraft beschert. Selbstkritisch betrachtet leben wir jedoch zu einem guten Teil von den Leistungen früherer Generationen.

Schrittmacher des Fortschritts finden sich heute oft außerhalb von Europa:

Die Apotheke der Welt liegt heute in den USA.
Bei Mikroelektronik, Chips und Computern kommen viele führende Entwicklungen aus den USA
und Japan. Wesentliche Basiserfindungen von Bio- und Gentechnologie wurden zwar von europäischen Wissenschaftlern gemacht. In der industriellen Umsetzung sind jedoch die USA führend.

Wenn wir im globalen Wettbewerb bestehen wollen, wenn wir dazu beitragen wollen, die
Herausforderungen des 21. Jahrhunderts zu meistern, muß Europa wieder zu den Fahnenträgern des Fortschritts zählen. Dazu benötigen wir ein Innovationsklima, das von Aufbruchsstimmung, nicht von Verhinderungsdiskussionen geprägt wird.

Biotechnologie und Gentechnik:
Front- und Schlüsselwissenschaft des 21. Jahrhunderts
Eine der größten Herausforderungen der - nahen - Zukunft ist es, die Ernährung der wachsenden
Weltbevölkerung zu sichern. Im 20. Jahrhundert hat sich die Weltbevölkerung nahezu vervierfacht. Seit einigen Wochen sind wir 6 Milliarden. Im Jahr 2000 werden mehr Menschen gleichzeitig auf der Erde leben als im Zeitraum von Christi Geburt bis 1995 insgesamt. Um das Jahr 2030 werden wir 8 Milliarden sein.

Pflanzen sind die Basis aller Nahrung und die Lieferanten nachwachsender Rohstoffe. Wir müssen so planen, daß auch die nächsten Generationen ausreichende Ressourcen zur Verfügung haben. Die landwirtschaftliche Produktion pro Nutzfläche muß dazu bereits 2025 doppelt so hoch sein wie heute.

Dazu nötig sind Kulturpflanzen mit erhöhtem Ertrag und erhöhtem Nährwert. Biotechnologie und
Gentechnik werden wichtige Schlüssel dazu sein, diese Ziele in der notwendigen kurzen Zeit zu
erreichen.

Pflanzenbiotechnologie: innovative Methoden für alte Ziele
Heutige Kulturpflanzen wurden in Tausenden von Jahren mittels klassischer Züchtungsmethoden von Menschenhand optimiert und ähneln ihren "natürlichen" Vorfahren nur noch entfernt.

Klassische Züchtungsmethoden allerdings benötigen viel Zeit: Es hat 100 Jahre gedauert, bis durch Züchtung der Zuckergehalt von Zuckerrüben von 3 Prozent auf heute fast 20 Prozent gesteigert und dadurch Europa vom Rohrzuckerimport unabhängig werden konnte.

Seit 1983 gibt es transgene Pflanzen. Gentechnologie dient hier als Weiterentwicklung der seit
Jahrtausenden bestehenden Züchtungsverfahren. Im Unterschied zur traditionellen Züchtung können mittels Gentechnologie gezielt und sehr viel schneller vorteilhafte Eigenschaften in eine Pflanze eingebracht werden. Zudem kann auf Erbgut von Pflanzen, Tieren und Bakterien zurückgegriffen werden. Dadurch ergeben sich völlig neue Chancen für die Entwicklung leistungsfähiger und Ressourcen schonender Kulturpflanzen.

Pflanzenbiotechnologie wird in den nächsten Jahrzehnten ein unverzichtbares Werkzeug in der
Weiterentwicklung der Agrarmärkte sein. Wer dort zurückfällt, verliert früher oder später seine
Wettbewerbsfähigkeit - mit allen negativen Konsequenzen, unausweichlich auch dem Verlust von
Arbeitsplätzen.

Innovationen: Voraussetzung für Unabhängigkeit, Wettbewerbsfähigkeit und die Schaffung
von Arbeitsplätzen Vor 85 Jahren knackte die Chemie die Nuß der Stickstoffdünger-Synthese und machte dadurch Europa unabhängig von Chilesalpeter-Importen. Auf fruchtbaren Ackern wurden hohe Erträge erreicht und viele Tausende Arbeitsplätze geschaffen.

Inzwischen ist die Düngemittelindustrie eine reife Industrie, die Westeuropa zunehmend verläßt.
Arbeitsplatzabbau ist die Folge.

Dafür schaffen heute Bio- und Gentechnologie Tausende von neuen Arbeitsplätzen - allerdings
vorwiegend in den USA. Nach einer Studie von Schitag, Ernst & Young waren dort 1998 allein in knapp 1.300 hochinnovativen, kleinen Biotechnologie-Unternehmen 153.000 Menschen beschäftigt. Europa fällt mit weniger als einem Drittel dieser Arbeitsplätze deutlich zurück, in Deutschland fanden 1998 gerade rund 5.200 Menschen Arbeit in den kleinen Biotech-Firmen.

Zwar ist die Entwicklung der deutschen Biotech-Industrie durchaus respektabel: Die Zahl der
Arbeitsplätze ist 1998 verglichen mit 1997 um rund 30% gestiegen. Nur wenige der Unternehmen
allerdings sind in der Pflanzenbiotechnologie aktiv.

Die in der "Grünen Gentechnik" liegenden Chancen werden in Europa nicht genutzt. Dies liegt an
mangelnder Akzeptanz. Daneben herrscht ein großes Gefälle beim Commitment der Politik für die Pflanzenbiotechnologie: Während sich die Situation in Deutschland merklich verbessert hat, ist sie in einigen anderen europäischen Staaten schlechter geworden. Mangelnder Konsens über das Zulassungsprocedere für gentechnisch modifizierte Pflanzen blockiert in Europa derzeit die Nutzung dieser Schlüsseltechnologie.

Dieser Zustand ist unhaltbar. Er steigert das Risiko, die hohen F&E-Investitionen nicht wieder zu
verdienen, enorm. Der Wettbewerbsnachteil gegenüber Konkurrenten etwa aus den USA ist erheblich.

"Rote Biotechnologie": unverzichtbares Werkzeug für die Medizin
Seit 20 Jahren wird die Gentechnologie, nicht nur im Pharmabereich, industriell genutzt. Dabei ist keine der Befürchtungen, die man der Gentechnologie entgegengebracht hat, auch nur im entfern testen eingetreten. Im Gegenteil: Im Pharmabereich ist die Gentechnologie bereits heute der Schlüssel, um Krankheiten besser verhindern, erken-nen und heilen zu können.

Auch bei der Nutzung der "Roten Biotechnologie" hat Europa wertvolle Zeit verloren: erst seit der
Novellierung der entsprechenden Zulassungsverfahren 1995 spielt der "Alte Kontinent" hier mit, und wir befinden uns immer noch in einer Aufholjagd - wie an der Zahl der Arbeitsplätze verglichen mit den USA deutlich sichtbar.

Dennoch: Die "Rote Biotechnologie" ist heute akzeptiert. In Deutschland waren 1998 rund 50
gentechnisch hergestellte Arzneimittel mit 34 verschiedenen Wirkstoffen auf dem Markt, davon 6 aus deutscher Produktion. Damit wurden 1998 über 2 Milliarden DM umgesetzt, 5% des deutschen Arzneimittelmarktes. Bereits heute werden über 60% aller insulinabhängigen Diabetiker in Deutschland mit gentechnisch hergestelltem Humaninsulin behandelt.

"Grüne Biotechnologie": Nutzen für Landwirt, Verarbeiter und Verbraucher
Die Pflanzenbiotechnologie, die "Grüne Gentechnologie", befindet sich im Vergleich mit der "Roten Gentechnologie" noch in den Kinderschuhen. Heute auf dem Markt eingeführtes gentechnisch verändertes Saatgut der ersten Generation bietet hauptsächlich Vorteile für den Landwirt bzw. für den Verarbeiter so gewonnener landwirtschaftlicher Produkte.

Dies wird sich bei gentechnisch modifizierten Pflanzen der zweiten bzw. dritten Generation, an denen auch bei der BASF derzeit gearbeitet wird, ändern. Salz- und trockenheitstolerante Pflanzen werden es möglich machen, Nahrung dort zu gewinnen, wo heute nichts wächst. Durch Gentechnologie vitamin- und mineralstoffreich gemachte Pflanzen - wie Vitamin A- und eisenreicher Reis - wird die Versorgungssituation vieler Menschen auch in den heutigen Entwicklungsländern verbessern. Pflanzen mit verbesserten Inhaltsstoffen, einem erhöhten Anteil an mehrfach ungesättigten Fettsäuren etwa, können schon bald die Grundlage für gesündere Nahrungsmittel sein.

Seit 1998 hat die BASF die Pflanzenbiotechnologie auf eine breite Basis gestellt. Gemeinsam mit der schwedischen Saatgutfirma Svalöf Weibull haben wir eine Forschungsplattform, die BASF Plant Science, gegründet. Rund 100 Millionen DM werden wir jährlich in die gemeinsame Forschung investieren und allein in der ersten Phase rund 300 neue Arbeitsplätze schaffen. Die Ziele der BASF bei der Nutzung der Pflanzenbiotechnologie sind die Herstellung von gesünderen Lebensmitteln und von Pflanzen mit besseren Anbaueigenschaften.

Verantwortliches Handeln: Leitlinie für die Nutzung der Gentechnologie für Gesundheit wie für
Ernährung Es ist für uns selbstverständlich, Produkte intensiv zu prüfen, bevor wir sie auf den Markt bringen. Dies gilt auch und besonders für gentechnisch veränderte Pflanzen. Wir machen uns dafür stark, daß dies in für alle verbindlichen Gesetze und Richtlinien verankert wird. Ganz wichtig ist für uns, daß diese Richtlinien nicht Ausdruck von Weltanschauung und Emotion sind, sondern auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basieren. Wichtig ist uns auch, daß diese Richtlinien so formuliert werden, daß sie in ihrer Anwendung jeweils den neuesten Stand des Wissens berücksichtigen.

Die BASF hat sich in den 134 Jahren ihres Bestehens durch verantwortliche Nutzung neuer
Technologien Vertrauen bei Politik und Gesellschaft erarbeitet. Diesem Vertrauen werden wir auch bei der Nutzung der Pflanzenbiotechnologie gerecht werden.

Sachorientierter Diskurs und offene Kommunikation:
Schlüssel zum Abbau emotionaler Ablehnung der Pflanzenbiotechnologie
"Vom ritualisierten Streit zum sachorientierten Diskurs" - so ist ein jüngst vom Arbeitskreis
Evangelischer Unternehmer in Deutschland e.V. zum Thema Grüne Gentechnologie herausgegebenes Buch untertitelt. Nur im Klima eines solchen Diskurses kann die anstehende Novellierung der Zulassungs-Richtlinie zu einem konstruktiven Ergebnis führen, das den Nachteil Europas bei der Pflanzenbiotechnologie ausgleicht und das Potential dieser Frontwissenschaft zur Stärkung der Innovationskraft und zur Schaffung hochqualifizierter Arbeitsplätze zu erschließen erlaubt.

Wir wollen einen solchen Diskurs.

Wir wollen den offenen Dialog mit allen gesellschaftlichen Gruppen über die Perspektiven der
Pflanzenbiotechnologie.
Wir machen uns stark für Richtlinien, die dem berechtigten Sicherheitsbedürfnis der Menschen
Rechnung tragen.Wir fordern allerdings auch Richtlinien, die den Unternehmen Rechts- und Planungssicherheit für ihre Investitionen in diese Schlüsseltechnologie geben.

Wir unterstützen den Vorschlag der deutschen Bundesregierung für ein zentrales europäisches
Zulassungsverfahren. Europa braucht eine Behörde, die das Vertrauen der Verbraucher wie der
Unternehmen besitzt. Zulassungsentscheidungen, die durch eine solche Behörde streng nach
wissenschaftlichen Kriterien getroffen werden, können eine solide Vertrauensbasis für die
Pflanzenbiotechnologie in Europa schaffen.

International brauchen wir ein Biosafety-Protokoll, das den berechtigten Forderungen nach Sicherheits- und Verbraucherschutz genügt, die Nutzung des hohen Potentials der Pflanzenbiotechnologie aber nicht durch überzogene Sicherheitsstandards unterdrückt.

Fazit
Pflanzenbiotechnologie ist für mich keine Option, sondern ein Muß.

Wir dürfen in Europa heute bei der Pflanzenbiotechnologie nicht die Fehler wiederholen, die uns vor Jahren bei der "Roten Biotechnologie" um zehn Jahre zurückgeworfen haben. Übertriebene Ängste sind ebensowenig gerechtfertigt wie leichtfertiger Zweckoptimismus.

Lassen Sie uns zusammen darangehen, die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts zu meistern, und in Europa an alte Tugenden anknüpfen: mit Intelligenz und Unternehmertum Innovationen zum Wohlstand aller zu gestalten!

Company news release
N2267

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