Germany
May 13, 2009
Quelle:
bioSicherheit
http://www.biosicherheit.de/de/aktuell/688.doku.html
DFG und DLG: Memorandum zur Grünen
Gentechnik
Nobelpreisträgerin Nüsslein-Volhard: "Das Verbot des Anbaus
von Bt-Mais ist ein erschreckendes Signal."
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Prof.
Dr. Christiane Nüsslein-Volhard: Nobelpreisträgerin und
Direktorin des Max-Planck-Instituts für
Entwicklungsbiologie, Tübingen. "Forschung ist
international. Einschränkungen hierzulande verhindern ja
nicht den Fortschritt weltweit, sondern klinken die
deutschen Forscher und die Pflanzenzüchter aus dem
internationalen Wettbewerb aus." |
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Prof.
Dr. Mathias Kleiner, Präsident der DFG (Deutsche
Forschungs- gemeinschaft): "Es ist paradox, dass gerade
Freilandversuche, die im Zusammenhang mit der
Biosicherheit stehen, zerstört und die verantwortlichen
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler öffentlich
verunglimpft werden." |
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In einem gemeinsamen Memorandum haben Deutsche
Forschungsgemeinschaft und Deutsche Landwirtschaftsgesellschaft
verlässliche Rahmenbedingungen für Forschung und Entwicklung
gentechnisch veränderter Pflanzen gefordert. Auf einer
Pressekonferenz in Berlin beklagten die Präsidenten der
Organisationen ein gegenüber der Grünen Gentechnik abweisendes
gesellschaftliches Klima und sprachen sich nachdrücklich für
Forschungsfreiheit und Freilandversuche aus.
Das Anbauverbot für MON810 und die
nur eingeschränkte Genehmigung von Freilandversuche sei "ein
wirklich erschreckendes und abstoßendes Signal", sagte die
Tübinger Genetikerin und Entwicklungsbiologin Christiane
Nüsslein-Volhard, die 1995 den Nobelpreis für Medizin erhielt.
Die von den Politkern ausgesprochenen Verbote beruhten auf
wirklichkeitsfremden Tests, kritisierte die Wissenschaftlerin.
Dagegen gebe es zahlreiche Untersuchungen, die von der EU, der
DFG und dem Bundesforschungsministerium (BMBF) gefördert worden
seien und keine Gefährdung von Mensch und Natur durch
gentechnisch veränderten Bt-Mais festgestellt hätten. Wenn sich
an solchen politisch motivierten Behinderungen nichts ändere,
sei zu befürchten, dass sich viele innovative Forscher von
Deutschland abwenden.
Nach Ansicht von Nüsslein-Volhard ähnelt die heutige Situation
der Grünen Gentechnik der Gentechnik in der Medizin vor 25
Jahren. Auch in dieser Anfangsphase der Roten Gentechnik hätten
nach politischen Entscheidungen viele Forscher Deutschland
verlassen und Pharmakonzerne Arbeitsplätze ins Ausland
verlagert. "Inzwischen ist bei der Anwendung der Gentechnik in
der Medizin Vernunft eingetreten. Aber statt aus den Fehlern zu
lernen, werden sie wiederholt."
Nüsslein-Volhard wie auch die anderen Teilnehmer der
Pressekonferenz verwiesen auf die globalen Herausforderungen,
vor denen Landwirtschaft und Pflanzenzüchtung weltweit stehen.
Die Weltbevölkerung wächst weiter an. Daher sei es zwingend
erforderlich, so DLG-Präsident Carl-Albrecht Bartmer, "die
Flächenproduktivität im Ackerbau zu steigern. da die weltweit
verfügbaren fruchtbaren Ackerflächen nur unwesentlich vermehrt
werden können." Zudem werden der Verbrauch von Biomasse für eine
umweltfreundliche Energiegewinnung und die zunehmende Nachfrage
der Industrie nach neuen nachwachsenden Rohstoffe absehbar zu
einer Knappheit an Agrarprodukten auf den Weltmärkten führen.
Eine Maßnahme zur nachhaltigen Steigerung der
Flächenproduktivität, so das Memorandum "ist der züchterische
Fortschritt bei den landwirtschaftlichen Kulturpflanzen. Neben
den klassischen Methoden der Pflanzenzüchtung bieten moderne
Instrumente der Grünen Gentechnik wichtige Potenziale für eine
nachhaltige Produktivitätssteigerung. Daher können wir es uns
nicht leisten, auf Forschung in der Grünen Gentechnik zu
verzichten."
"Um das genetische Potenzial unserer Nutzpflanzen weiter
auszuschöpfen," ergänzte DFG-Präsident Matthias Kleinert, "ist
vor allem Grundlagenforschung nötig, die sich des gesamten
Repertoires an modernen Züchtungsmethoden bedienen darf - nicht
nur im Labor, sondern auch im Freiland. Um zu erkennen, wie sich
Pflanzen unter realen Bedingungen verhalten, sind
Freilandexperimente unverzichtbar."
Damit Forschung zur Grünen Gentechnik in Deutschland weiter
möglich bleibt, nennt das Memorandum drei wesentliche
Voraussetzungen:
"Forschung braucht verlässliche rechtliche und gesellschaftliche
Rahmenbedingungen. Politische Entscheidungen und gesetzliche
Grundlagen sollten auf wissenschaftlich fundierter
Nutzen/Risiko-Abwägung basieren.
Jede Forschung braucht ein aufgeschlossenes und
kritisch-unterstützendes gesellschaftliches Klima, damit der
Erfindergeist gefördert und den Herausforderungen der Zukunft
begegnet werden kann. Dies sollte auch für die Forschung zur
Grünen Gentechnik gelten.
Forschung an Pflanzen kann nicht auf Labore und Gewächshäuser
beschränkt werden. Dies gilt für die Grundlagenforschung ebenso
wie für die anwendungsorientierte Forschung. Ob neue Produkte
unbedenklich und wettbewerbsfähig sind, lässt sich nur unter
natürlichen Bedingungen im Freiland erforschen. Auch ganz
grundlegende pflanzliche Prozesse können nur verstanden werden,
wenn die Relevanz der im Labor und Gewächshaus erhaltenen
Ergebnisse in der natürlichen Umwelt überprüft wird."
DFG and DLG: Memorandum on crop
biotechnology
Nobel Laureate Nüsslein-Volhard: "The ban on cultivating Bt
maize sends an alarming signal."
In a joint memorandum, the German Research Foundation (Deutsche
Forschungsgemeinschaft, DFG) and German Agricultural Society
(Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft, DLG) are demanding
reliable conditions for research and development in the area of
genetically modified plants. At a press conference in Berlin the
presidents of the two organisations complained of a hostile
climate to plant biotechnology and argued emphatically in favour
of freedom of research and field trials.
The ban on cultivating MON810 and the restrictions on field
trials sent "a really alarming and hostile signal," according to
Christiane Nüsslein-Volhard, a biotechnologist and developmental
biologist based in Tübingen, who won the Nobel Prize for
Medicine in 1995.
The scientist criticised the bans issued by politicians, saying
that they were based on unrealistic tests. In contrast, there
were numerous studies that had received funding from the EU, the
DFG and Germany’s Ministry of Research (BMBF) that had not found
any risk to humans or nature from genetically modified Bt maize.
If such politically motivated obstructions continued, she feared
that many innovative researchers would turn their backs on
Germany.
In Nüsslein-Volhard’s view, the current situation with crop
biotechnology is reminiscent of that of medical biotechnology 25
years ago. Many researchers left Germany and pharmaceutical
companies moved jobs abroad in the early phase of medical
(’red’) biotechnology following political decisions. "People
have now seen sense when it comes to the application of
biotechnology in medicine. But instead of learning from past
mistakes, they are repeating them."
Nüsslein-Volhard and the other participants at the press
conference cited the global challenges facing agriculture and
plant breeding worldwide. The world population is still growing.
So it is vital, according to DLG President Carl-Albrecht
Bartmer, to "increase productivity in crop farming, since the
area of fertile farmland available worldwide can be increased
only slightly". In addition, biomass consumption as a source of
environmentally friendly energy and industry’s increasing demand
for new renewable materials were likely to lead to a shortage of
agricultural produce on international markets.
One way of achieving a sustainable increase in crop
productivity, according to the memorandum, is "plant-breeding
advances in agricultural crops. Alongside classic plant-breeding
methods, modern plant biotechnology instruments offer great
potential for a sustainable productivity increase. So we cannot
afford to abandon research in the area of crop biotechnology."
"In order to exploit the genetic potential of our crops
further," expanded DFG President Matthias Kleinert, "what we
need above all is fundamental research that is allowed to make
use of the whole repertoire of modern breeding methods – not
only in the lab, but also in the field. Field experiments are
vital for seeing how plants behave under realistic conditions."
The memorandum lists three key requirements for ensuring that
crop biotechnology research continues to be possible in Germany:
- "Research needs a
dependable legal and social framework. Political decisions
and legal principles should be based on scientific
benefit/risk assessments.
- All research needs an
open, supportive yet constructively critical social climate
to promote inventiveness and to be able to face future
challenges. This should apply to crop biotechnology research
as well.
- Plant research cannot be
restricted to laboratories and greenhouses. This applies
both to fundamental research and to applied research. It is
only under natural conditions in the field that one can
assess whether new products are safe and competitive. Even
very basic plant processes can be understood only if
laboratory and greenhouse results are tested for relevance
in the natural environment."
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Carl-Albrecht Bartmer, Präsident
der DLG (Deutsche
Landwirtschaftsgestellschaft:
"Knappheiten auf den Weltmärkten
sind absehbar, die Nutzung von
Fortschritt und Innovation, die
Förderung der Forschung
wahrgenommene Verantwortung. Die
Züchtung ist dabei auf die
gesamte Bandbreite ihrer
Werkzeuge von der klassischen
Züchtung bis zur Grünen
Gentechnik angewiesen." |
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Dr. Arend Oetker, Präsident des
Stifterverbandes für die
Deutsche Wissenschaft.: "Die
Grüne Gentechnik ist eine
komplexe Wissenschaft, deren
Hintergründe einer breiten
Öffentlichkeit nicht einfach
vermittelt werden können.
Sachlichen, rationalen
Argumenten stehen in der
öffentlichen Diskussion häufig
emotionsgeladene und auf Ängste
zielende Aussagen gegenüber." |
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