Germany
March 12, 2009
Quelle:
bioSicherheit
http://www.biosicherheit.de/de/kartoffel/inhaltsstoffe/675.doku.html
Cyanophycin ist ein Protein , das
von Cyanobakterien (Blaualgen) und einigen anderen Bakterien
gebildet wird. Sie nutzen es zur Speicherung u.a. von
Stickstoff. Ein Bestandteil von Cyanophycin ist Polyaspartat,
das als biologisch abbaubarer Kunststoff genutzt werden kann.
Polyaspartat bindet Calcium und kann deshalb z.B. in
Waschmitteln als Wasserenthärter Verwendung finden.
Es ist möglich, solche biologisch abbaubaren Polymere
(Biopolymere ) in Pflanzen herstellen zu lassen, die Pflanze
also als eine Art Bioreaktor einzusetzen. Pflanzen könnten so
als nachwachsende Rohstoffe Ersatzstoffe liefern für Kunststoffe
auf Erdölbasis, die biologisch nicht abbaubar sind wie etwa
Polyacrylate aus Acrylsäure.
Polyaspartat kann auch durch chemische Synthese gewonnen werden,
wird aber bislang nur in geringen Mengen produziert. Es ist
besser biologisch abbaubar als vergleichbare Polyacrylate, aber
nicht vollständig abbaubar wie das in Cyanophycin gebildete
Polyaspartat.
Cyanophycin hat noch einen weiteren wertvollen Bestandteil: die
Aminosäure Arginin, die z.B. als Futterzusatz die Gesundheit der
Tiere verbessert und den Stickstoffanteil im Harn verringert.
Außer der Produktion in Pflanzen ist es auch möglich Cyanophycin
biotechnologisch in Bioreaktoren (Fermenter) mit Hilfe von
Bakterien oder Zellkulturen herzustellen. Dabei werden aber
nicht Cyanobakterien eingesetzt, sondern z.B. gentechnisch
veränderte E.coli‑ Bakterien. Ein Vorteil der Produktion in
Pflanzen gegenüber der Fermenterproduktion ist, dass Cyanophycin
als "Beiprodukt" kostengünstig hergestellt werden könnte.
Kartoffeln, die für die Stärkeerzeugung angebaut werden, könnten
gleichzeitig Cyanophycin liefern. Es würden keine zusätzlichen
Flächen benötigt.
Langjährige Forschung
Die Herstellung von Cyanophycin mit Hilfe von Pflanzen ist schon
seit einigen Jahren ein Forschungsthema. In einem vom
Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz (BMELV) geförderten Verbundprojekt haben
Wissenschaftler der Universitäten Rostock, Berlin, Bielefeld und
Tübingen die Cyanophycin-Kartoffel entwickelt und im Gewächshaus
eingehend untersucht.
In die Kartoffel wurde ein Gen aus dem Cyanobakterium
Thermosynechoccus elongatus übertragen, wodurch ein spezielles
Enzym - eine Cyanophycin-Synthetase - gebildet wird. Dieses
Enzym sorgt dafür, dass aus den Aminosäuren Aspartat und Arginin
in der Kartoffelpflanze Cyanophycin gebildet wird. Dabei wird
aus Aspartat und Arginin das langkettige Molekül Polyaspartat
mit Argininresten.
Die Kartoffeln wurden in langjährigen Versuchen so optimiert,
dass große Mengen Cyanophycin in den Knollen produziert werden
können, ohne die Fitness der Pflanzen zu beeinträchtigen.
Die Forschung beschäftigt sich auch mit möglichen Verfahren, das
gebildete Cyanophycin kostengünstig aus der Kartoffel
herauszulösen. Die Versuche zeigen, dass schon mit einfachen
Verfahren bis zu achtzig Prozent reines Cyanophycin als weißes
Pulver herausgelöst werden können. Der Anteil an der
Trockenmasse der Kartoffeln liegt bei beachtlichen sechs
Prozent.
Freilandversuche
Nun wird im Freiland an der Kartoffel beispielhaft getestet,
inwieweit sich Pflanzen als sichere Produktionssysteme für
Bio-Kunststoffe einsetzen lassen. Dabei geht es darum, zu
prüfen, ob die Freilandbedingungen die Produktion beeinflussen
und ob es Effekte auf Nicht‑Zielorganismen gibt. Die Knollen
werden auch für Fütterungsversuche genutzt, um potenzielle
allergene oder toxische Effekte zu prüfen. Es sollen sowohl
Kartoffeln gestestet werden, die in allen Pflanzenteilen
Cyanophycin produzieren, als auch solche, die es nur in den
Knollen bilden.
Auch zwei vom BMBF geförderte Forschungsprojekte beschäftigen
sich mit der Cyanophycin-Kartoffel. In einem der Projekte wird
untersucht, ob sich Eigenschaften der Kartoffel durch die
gentechnische Veränderung unbeabsichtigt verändern. Wenn sie
etwa weniger frostempfindlich ist, könnten auf dem Feld
verbleibende Kartoffeln besser überwintern. Außerdem überprüfen
die Wissenschaftler, ob der Verrottungsprozess anders verläuft.
In einem weiteren Projekt geht es um den mikrobiellen Abbau der
auf dem Feld verbleibenden Pflanzenreste im Boden sowie mögliche
Veränderungen in der Gemeinschaft der Mikroorganismen.
Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit
(BVL) erteilte im Juni 2006 die Genehmigung für die Freisetzung
von 2006-2008 unter vorsorglichen Auflagen. So musste die
Versuchfläche im Abstand von mindestens 150 Metern zu anderen
Kartoffeln angelegt werden. Damit Wildtiere keine Kartoffeln
fressen oder verschleppen, war ein Zaun zu errichten. Nach
Beendigung des Versuches muss das Feld nach Kartoffeln abgesucht
werden, die evtl. überdauert haben.
Inzwischen sind für die kommenden Jahre bis 2012 weitere
Freisetzungsanträge gestellt.
In einem Freilandversuch der Universität Rostock werden Methoden
entwickelt, mit denen die Sicherheit gentechnisch veränderter
Pflanzen der 2. und 3. Generation lange vor einer möglichen
Markteinführung eingeschätzt werden kann. Ein Prototyp für
solche Pflanzen ist u.a. eine Kartoffel, die gentechnisch so
verändert wurde, dass sie in Knollen und Blättern Cyanophycin
bildet, woraus ein biologisch abbaubarer Kunststoff gewonnen
werden kann. Zwei aktuelle Projekte der Sicherheitsforschung
beschäftigen sich mit den möglichen Umweltauswirkungen der
Cyanophycin-Kartoffel. |
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