Germany
February 20, 2009
Quelle:
bioSicherheit.de -
Biologische Sicherheitsforschung in Deutschland
Die Ankündigung von
Bundeslandwirtschaftministerin Ilse Aigner (CSU), ein
Anbauverbot für gentechnisch veränderten Bt-Mais in
Deutschland zu prüfen, hat heftige Reaktionen ausgelöst.
Während Umweltverbände Aigner aufforderten, ein Verbot
"unverzüglich" umzusetzen, sieht der Bundesverband Deutscher
Pflanzenzüchter die "Forschungsfreiheit in Gefahr". Der
Ökologe Dr. Stefan Rauschen, der seit vielen Jahren aktiv zu
Fragen der Umweltsicherheit von Bt-Mais forscht, hat einen
offenen Brief an Aigner und den bayerischen Umwelt- und
Gesundheitsminister Markus Söder (CSU) geschrieben.
Aigner prüft Anbauverbot für
gentechnisch veränderten Bt-Mais.
Offener Brief an die Ministerin.
"Das untergräbt die
Glaubwürdigkeit der Sicherheitsforschung."
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Bundeslandwirtschafts-
ministerin Ilse Aigner (CSU): "Gentechnik hat keinen
Nutzen." Sie will noch vor der diesjährigen Mais-Aussaat
über ein Verbot von MON810 entscheiden |
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Dr. Stefan Rauschen (RWTH
Aachen) ist Koordinator eines Forschungsverbundes zur
biologischen Sicherheit von Bt-Mais. Er hat einen
offenen Brief an Aigner und den bayerischen
Umweltminister Markus Söder geschrieben. "Die Forscher
in Deutschland werden nicht wahrgenommen, obwohl sie
seit Jahren gute und international anerkannte Arbeit auf
dem Gebiet der Grünen Biotechnologie und der
Biosicherheitsforschung leisten." |
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Die Ankündigung von
Bundeslandwirtschaftministerin Ilse Aigner (CSU), ein
Anbauverbot für gentechnisch veränderten Bt-Mais in Deutschland
zu prüfen, hat heftige Reaktionen ausgelöst. Während
Umweltverbände Aigner aufforderten, ein Verbot "unverzüglich"
umzusetzen, sieht der Bundesverband Deutscher Pflanzenzüchter
die "Forschungsfreiheit in Gefahr". Der Ökologe Dr. Stefan
Rauschen, der seit vielen Jahren aktiv zu Fragen der
Umweltsicherheit von Bt-Mais forscht, hat einen offenen Brief an
Aigner und den bayerischen Umwelt- und Gesundheitsminister
Markus Söder (CSU) geschrieben.
In einem Interview mit der
Berliner Zeitung hatte Bundeslandwirtschaftministerin Ilse
Aigner erklärt, sie wolle ein Anbauverbot für gentechnisch
veränderten Bt-Mais MON810 in Deutschland prüfen. " Die grüne
Gentechnik bringt den Menschen hierzulande keinen erkennbaren
Nutzen", sagte sie. Außerdem lehnten die Verbraucher
"genveränderte Pflanzen" ab und auch die Landwirte wollten sie
nicht. Ihr Ministerium suche "fieberhaft" nach einer Lösung,
damit einzelne EU-Staaten oder Bundesländer ein Anbauverbot
erlassen können.
Bisher haben mehrere EU-Länder oder einzelne Regionen Verbote
für in der EU zugelassene und als sicher bewertete gv-Pflanzen
ausgesprochen. Sowohl der Europäische Gerichtshof, als auch die
EU-Kommission haben mehrfach bestätigt, dass die bisher
erlassenen Anbauverbote für Bt-Mais nur dann den
gemeinschaftlichen europäischen Rechtsvorschriften entsprechen,
wenn die sich auf neue wissenschaftliche Erkenntnisse stützen
können. Allein die Ablehnung durch die Öffentlichkeit oder eine
politische Mehrheitsmeinung reichen dazu nicht aus. Bisher ist
jedoch in allen Verfahren, in denen nationale Anbauverbote
überprüft wurden, die ursprüngliche Bewertung von MON810 als
"sicher für Mensch, Tier und Umwelt" bestätigt worden.
Im Zweifel wolle sie jedoch den Anbau von MON810-Mais verbieten,
sagt Aigner. Ausdrücklich unterstützte sie den bayerischen
Umweltminister Markus Söder. Er hatte sich nicht nur für ein
MON810-Verbot in Bayern ausgesprochen, sondern will auch keine
Freilandversuche mit gv-Pflanzen mehr. Solche Forschung will
Söder nur tolerieren, wenn sie im Gewächshaus stattfindet.
Anbauversuche mit Bt-Mais, die das Bundessortenamt durchführt
und die im Rahmen der Sortenzulassung gesetzlich vorgeschrieben
sind, sollen nach dem Willen der bayerischen Landesregierung
nicht mehr in Bayern geduldet werden.
"Dieser politische Schwenk irritiert sehr." Offener Brief eines
Wissenschaftlers
Dr. Stefan Rauschen von der Arbeitsgruppe Agrarökologie der RWTH
Aachen (Institut Biologie III) war an mehreren Projekten der
biologischen Sicherheitsforschung zu Bt-Mais beteiligt. Derzeit
koordiniert er ein vom Bundesministerium für Bildung und
Forschung finanziertes Großprojekt mit fast einem Dutzend
Partnerinstitutionen aus ganz Deutschland. Die aktuellen
politischen Äußerungen veranlassten ihn, einen offenen Brief an
Bundeslandwirtschaftsministerin Aigner und den bayerischen
Umweltminister Söder zu schreiben.
"Die Ergebnisse dieser Forschungsarbeiten wurden in End- und
Zwischenberichten an das BMBF, insbesondere in internationalen
wissenschaftlichen Zeitschriften publiziert", schreibt Rauschen.
"Es konnten keine Hinweise darauf gefunden werden, dass von
MON810 ein größeres oder anderes Risiko einer Gefährdung der
Umwelt ausgeht als vom konventionellen Maisanbau. Im Gegenteil,
der Anbau von MON810 erwies sich als deutlich schonender als die
Behandlung von mit Maiszünslern befallenen Flächen mit
Insektiziden."
Er sei erstaunt, so der Wissenschaftler, dass mit der
Ankündigung eines möglichen Verbots die "Validität dieser
Ergebnisse" in Zweifel gezogen würden. "Die Diskrepanz zwischen
den wissenschaftlichen Ergebnissen auf der einen Seite, und den
politischen Aktivitäten auf der anderen Seite, untergräbt die
Glaubwürdigkeit der deutschen und internationalen Forscher und
der Institutionen, an denen diese Forschung durchgeführt wird.
Wenn schon Politiker die Ergebnisse dieser Forschung nicht ernst
nehmen und berücksichtigen, warum sollten das die Bürger tun?"
Aigners Linie wird offenbar im Bundeskabinett nicht vorbehaltlos
geteilt. Ein Sprecher des von Annette Schavan (CDU) geführten
Forschungsministeriums warnte davor, den Koalitionsvertrag zu
verletzten. Erforschung und Anwendung einer sicheren Gentechnik
dürften "nicht dämonisiert " werden, sonst könne sich
Deutschland isolieren. |
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