Germany
January 15, 2008
Source: Newsletter
bioSicherheit Nr. 82
http://www.biosicherheit.de/de/aktuell/611.doku.html
Frankreich hat die
Anbaugenehmigung für den gentechnisch veränderten Bt-Mais MON810
bis zu einer Überprüfung der Zulassung durch die zuständigen
europäischen Behörden ausgesetzt. Die Regierung in Paris stützt
sich dabei auf eine im EU-Recht verankerte Schutzklausel.
Zugleich kündigte die Regierung an, die Ausgaben für die
Erforschung der Agrarbiotechnologie auf 45 Millionen Euro zu
verachtfachen.
Gemäß Artikel 23 der EU-Freisetzungsrichtlinie (2001/18) darf
ein Mitgliedstaat die europäische Zulassung eines gentechnisch
veränderten Organismus (GVO ) ruhen lassen, wenn ihm neue
wissenschaftliche Erkenntnisse über dessen Umwelt- oder
Gesundheitswirkungen vorliegen. Dies ist nach Auffassung der
französischen Regierung bei MON810 der Fall. Sie hatte bereits
im Herbst 2007 ein Anbauverbot für den Bt -Mais verhängt. Danach
beauftragte sie einen Ausschuss aus Wissenschaftlern,
Landwirten, Politikern und Nicht-Regierungsorganisationen mit
einer Analyse der wissenschaftlichen Fakten.
Vorige Woche überreichte das Komitee seine Stellungnahme
Umweltminister Jean-Louis Borloo. Der Vorsitzende des Gremiums,
der UMP-Politiker Jean-François Le Grand, sprach dabei von
"ernsten Zweifeln" an der Sicherheit von MON810. Es sei eine
Reihe neuer wissenschaftlicher Fakten über negative Auswirkungen
auf Fauna und Flora zusammengetragen worden.
Die Präsentation löste jedoch Widerspruch aus den Reihen des
34-köpfigen Komitees aus. Eine Gruppe von zwölf Wissenschaftlern
und zwei Ökonomen warf Le Grand vor, die Schlussfolgerungen
nicht objektiv präsentiert zu haben. Tatsächlich kommt das
Gremium am Ende seiner vierseitigen Empfehlung lediglich zu dem
Ergebnis, es bestünden offene Fragen hinsichtlich der
Auswirkungen des Anbaus und des Handels mit MON810 auf die
Umwelt, die Gesundheit und die Wirtschaft. Die Formulierung
"ernste Zweifel" kommt in dem Papier nicht vor.
Ausschuss sieht Forschungsbedarf und offene Fragen
Konkret stellte der Ausschuss fest, seit der Zulassung von
MON810 im Jahr 1998 gebe es neue wissenschaftliche Erkenntnisse
über die Verbreitung von Pollen über weite Strecken. Außerdem
seien Resistenzen bei zwei Schmetterlingsarten beobachtet
worden, die zu den sekundären Zielorganismen zählten. Neuere
Erkenntnisse bestätigten die Möglichkeit toxischer
Langzeiteffekte auf Regenwürmer, Asseln, Nematoden und
Monarchfalter.
Auch hinsichtlich des Verbleibs des Bt‑Toxins in der Umwelt
sieht das Gremium offene Fragen. Der Ausschuss bemerkte aber
auch, mit MON810 könne eine wesentlich effizientere Verringerung
der gesundheitsschädlichen Mykotoxin -Belastung von Mais
erreicht werden als durch Pestizidanwendungen. Forschungsbedarf
sieht das Komitee hinsichtlich der molekularen und biochemischen
Eigenschaften des Bt-Proteins in gentechnisch verändertem Mais,
der Methoden zur toxikologischen und ökotoxikologischen
Bewertung sowie der biologischen und epidemiologischen
Überwachung. Auch die wirtschaftlichen Auswirkungen des Anbaus
von gentechnisch verändertem Mais sollten genauer untersucht
werden.
EFSA: Unbedenklichkeit von MON810 mehrfach geprüft und
bestätigt
Ob Frankreich seine nationale Schutzmaßnahme in Brüssel
erfolgreich verteidigen kann, wird sich zeigen. Auch Österreich
und Ungarn haben nationale Verbote für MON810 ausgesprochen,
jeweils gestützt auf die Schutzklausel.
In Deutschland hatte Bundeslandwirtschaftsminister Horst
Seehofer die Vertriebsgenehmigung für MON810-Saatgut im April
2007 aufgehoben. Nach der Vorlage eines Monitoringplans durch
die Herstellerfirma Monsanto wurde dieser Beschluss im Dezember
aufgehoben. Damit darf der Mais in Deutschland angebaut werden.
Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hat
die Unbedenklichkeit von MON810 inzwischen mehrfach überprüft
und immer wieder bestätigt. Zuletzt hatte sich das EFSA-Gremium
am 22./23 November 2007 mit einer aktuellen amerikanischen
Studie beschäftigt. Dort war die Frage aufgeworfen worden, wie
weit sich das in MON810-Mais gebildete Bt-Toxin über
Fließgewässer verbreiten kann und ob es für die auf
Oberflächengewässern lebenden Köcherfliegen schädlich sein
könnte. Die EFSA-Experten stellten fest, dass die
Bt-Konzentrationen in Gewässern in der Nähe von Bt-Maisfeldern
so gering sind, dass eine Schädigung ausgeschlossen werden kann.
In Frankreich waren im vergangenen Jahr rund 22.000 Hektar Mais
der Linie MON810 angebaut worden. Am 5. Februar will der
französische Senat über ein neues Gentechnikgesetz beraten. |
|