Australien
August, 2008
Quelle:
bioSicherheit
Auch in diesem Jahr werden in Australien Freisetzungsversuche
mit trockenresistentem Weizen durchgeführt. Über die bisherigen
Ergebnisse, die Auswirkungen des Klimawandels auf die weltweite
Getreideerzeugung und die Notwendigkeit einer innovativen
Agrarforschung sprach bioSicherheit mit German Spangenberg. Er
leitet das Agrarforschungsinstitut des Bundesstaats Victoria im
Südosten Australiens.
bioSicherheit: Sie haben
gerade von den Behörden die Genehmigung für Freisetzungsversuche
mit gentechnisch verändertem, trockentolerantem Weizen erhalten.
Was ist der Zweck dieses Versuchs?
German Spangenberg: Wir wollen in kontrollierten
Feldversuchen das Grundkonzept und die Funktionalität von
verschiedenen gv-Weizenlinien überprüfen, die jeweils eines von
fünfzehn Kandidatengenen für Trockentoleranz besitzen. Diese
Gene stammen aus Ackerschmalwand (Arabidopsis ) und Mais sowie
aus Hefe und einem Moos. Die gv-Weizenlinien werden in einer
unter häufigen Trockenheiten leidenden Region im Bundesstaat
Victoria (Australien) getestet. Wasser bekommen die Pflanzen
nur, wenn es regnet.
bioSicherheit: Sie haben bereits 2007 Feldversuche mit
diesen trockentoleranten gv-Weizenlinien durchgeführt. Wie waren
die Ergebnisse?
German Spangenberg: Ja, das waren die ersten Feldversuche
mit trockentolerantem gv-Weizen in Australien. Es wurden 24
verschiedene gv-Weizenlinien getestet. Bei sieben hat sich
gezeigt, dass sie unter Trockenstress höhere Erträge lieferten.
Zwei dieser Linien haben die Erträge der Kontrolllinien um 20
Prozent übertroffen – und wie es scheint auch ohne
Ertragseinbußen bei Bewässerung. Diese ersten Ergebnisse waren
sehr viel versprechend und haben uns bestärkt, diese Linien
näher zu untersuchen. Die Versuchsfelder dafür haben wir gerade
angelegt.
bioSicherheit: Welchen zukünftigen Nutzen sehen Sie darin
für die Landwirte und die Umwelt?
German Spangenberg: Weltweit sind 35 bis 50 Prozent der
Weizen-Anbaugebiete von Trockenheit bedroht. Die
Modellrechnungen über die Auswirkungen des Klimawandels zeigen,
dass die Zahl und die Größe der von Trockenheit betroffenen
Weizen-Anbaugebiete zunehmen wird. In den letzten Jahren haben
wir erlebt, dass ungünstige Klimaverhältnisse - etwa starke
Trockenheit - in wichtigen Agrarregionen wie Australien die
globale Ernährungssituation stark beeinflussen. Nach Angaben der
FAO (United Nations Food and Agriculture Organization) ging in
acht wichtigen Getreide exportierenden Ländern, auf die fast die
Hälfe der Welt-Produktion entfällt, die Erzeugung in 2005 um
vier Prozent und in 2006 um sieben Prozent zurück. Große Teile
der Getreideregionen in Australien sind von mehreren Klima- und
Umweltfaktoren betroffen, die Erträge und Einkommen in der
Landwirtschaft reduzieren. Inzwischen sind die ökonomischen
Folgen der Trockenheit deutlich zu erkennen: Australiens
Bruttoinlandsprodukt ist dadurch 2002/03 um ein Prozent oder
umgerechnet 3,9 Mrd. Euro gesunken. Der Bundesstaat Victoria
verlor infolge einer katastrophalen Trockenheit 2006/07 bis zu
70 Prozent des dort angebauten Weizens. Das entspricht einem
Verlust von 178 Millionen Euro. Es ist unerlässlich, dass wir
uns mit neuen Technologien beschäftigen – die Gentechnik
eingeschlossen -, damit wir auch in Zukunft der globalen
Nachfrage nach Weizen gerecht werden können.
bioSicherheit: Wie funktioniert die gentechnisch
eingeführte Trockentoleranz?
German Spangenberg: Die eingeführten Gene codieren für
Proteine , die Pflanzen dazu befähigen, auch mit wenig Wasser
auszukommen. Diese Trockentoleranz wird entweder durch eine
spezifische Regulation bei der Genexpression bewirkt oder durch
veränderte Stoffwechselwege in den gv-Weizenpflanzen.
bioSicherheit: Kann eine solche Trockentoleranz auch in
andere wichtige Kulturpflanzen eingeführt werden?
German Spangenberg: Ja, für die Kandidatengene, die wir
gerade in Weizen erproben, gibt es auch Anwendungsmöglichkeiten
in anderen Kulturpflanzen.
bioSicherheit: Wann und wo erwarten Sie einen ersten
kommerziellen Anbau solcher Pflanzen?
German Spangenberg: Bis eine gv-Pflanze marktreif ist,
sind viele Jahre Forschung und Entwicklung nötig. Vergleichende
Untersuchungen unter Feldbedingungen sind ein wichtiger Teil
davon. Unsere derzeitigen Feldversuche mit gv-Weizenlinien sind
noch in einem Stadium, in dem wir überprüfen, ob das Konzept
überhaupt funktioniert, und das Potenzial der verschiedenen
Kandidatengene abschätzen. Das Wissen aus diesen Versuchen
fließt in die Entwicklung und Erprobung neuer gv-Weizensorten
mit den besten Kandidatengenen für Trockentoleranz ein. Diese
werden dann zur Produktreife und am Ende auf den Markt gebracht.
Bis dahin dauert der ganze Prozess wohl fünf bis zehn Jahre. Ein
koordiniertes Vorgehen der großen Weizen-Anbauländer wie USA,
Kanada oder Argentinien gerade bei gv-Weizen mit wichtigen
Merkmalen wie Trockentoleranz oder Pilzresistenz erscheint
vernünftig.
bioSicherheit: Sie haben in Heidelberg promoviert und
anschließend als Juniorprofessor in Zürich gearbeitet. 1995 sind
sie nach Australien gegangen, um das
Pflanzenbiotechnologie-Zentrum in Melbourne aufzubauen. Wären
Ihre Forschungen auch in Europa möglich, wo eine ablehnende
Haltung gegenüber der Agro-Biotechnologie weit verbreitet ist?
German Spangenberg: Es ist unbestreitbar, dass ein früher
Einstieg und Investitionen in eine Technologie dafür sorgen,
dass sich Kreativität entfalten kann, Innovationen gefördert
werden, eine breite Wissensbasis entsteht und die erforderlichen
Kapazitäten aufgebaut werden, um daraus einen Nutzen für die
Gesellschaft zu ziehen. Das ist bei der Agro-Biotechnologie
nicht anders. Die Gefahr ist jedoch, dass in Gesellschaften
durch irrationale Ängste eine Technikfurcht entsteht, die sich
in einer Ablehnung von Innovationen und neuen Technologien
äußert, so dass ihr Potenzial zur Lösung sozialer,
wirtschaftlicher und Umweltprobleme nicht genutzt wird. Bedenkt
man die Herausforderungen, vor denen wir stehen – ein weltweit
wachsender Bedarf an Energie, Lebens- und Futtermitteln unter
den Bedingungen des Klimawandels - , dann sollten wir unbedingt
intelligent genug sein, diese Technologie weltweit ihr großes
Potenzial entfalten zu lassen und den Landwirten überall die
Möglichkeit zu geben, sie anzuwenden.
bioSicherheit: Vielen Dank für das Gespräch.
Promising results with drought-tolerant wheat in Australia
Release trials with drought-tolerant wheat are being conducted
again this year in Australia. GMO Safety spoke to German
Spangenberg about previous results, the impacts of climate
change on global cereal production and the need for innovative
agricultural research. Prof. Spangenberg is a research director
at the Victorian Department of Primary Industries in
South-Eastern Australia.
GMO Compass: Professor Spangenberg, you recently obtained
the regulatory approval for controlled field trials with
genetically modified, drought-tolerant wheat. What's the purpose
of these releases?
German Spangenberg: The purpose of this controlled field
trial is to conduct proof-of-concept research to assess the
performance of genetically modified (GM) wheat lines that
express one of fifteen different candidate genes for drought
tolerance derived from the plants thale cress and maize, a moss
and yeast. The GM wheat lines will be evaluated under rainfed,
drought-prone conditions in Victoria, Australia.
GMO Compass: You conducted field trials with these GM
wheat lines for drought tolerance in 2007. What were the
results?
German Spangenberg: Yes, we undertook Australia’s first
field trial with GM wheat for drought tolerance in 2007. In this
field trial 24 lines of GM wheat were tested and, of these,
seven were identified as providing higher yields under drought
stress. Two GM wheat lines exceeded the yield of the control
experimental variety by 20 per cent under drought stress, with
no apparent yield penalty under irrigated conditions. These
initial results are very promising, and have encouraged us to
include these lines for further evaluation in the 2008 field
trial, which we have just completed planting.
GMO Compass: What future benefits do you see for the
grower and for the environment?
German Spangenberg: Around the world, 35-50 per cent of
wheat-growing areas are under drought risk. The number and scale
of drought-affected wheat-growing areas are likely to increase
under scenarios of climate change impact. We have seen in recent
years that adverse climatic conditions, including severe drought
in key agricultural regions such as Australia, have had an
influence on global food supply. We have seen the production
output in eight major cereal-exporting countries, which
represent approximately half of global production, drop by 4 per
cent in 2005 and by 7 per cent in 2006, as noted by the United
Nations Food and Agriculture Organization. Large areas of
Australian grain-growing regions are challenged by many abiotic
pressures that limit production and profitability, such as
drought. The economic impact of drought is significant; for
example, drought subtracted approximately 1 per cent from
Australia’s GDP in 2002/03, equal to $6.6 billion (EUR 3.9
billion); in 2006/07 Victoria lost up to 70 per cent of its
wheat crop due to severe drought conditions representing a $300
million (EUR 178 million) loss to the state’s economy. It is
imperative that we embrace new technologies – including gene
technology - to continue to meet the demands of the global wheat
market.
GMO Compass: How does the genetically-introduced drought
tolerance work?
German Spangenberg: The introduced genes encode proteins
that are intended to enable normal plant growth with reduced
amounts of water, thus conferring drought tolerance either by
regulating gene expression or modulating biochemical pathways in
the GM wheat plants.
GMO Compass: Can the property of enforced drought
resistance be introduced in other important crops as well?
German Spangenberg: Yes, the candidate genes for drought
tolerance currently being assessed in GM wheat also have
potential applications in other crops.
GMO Compass: When and where do you expect the first
commercial cultivation to take place?
German Spangenberg: Taking a GM crop towards the market
place implies many years of research and development, with
comprehensive evaluation under field conditions representing an
important part of the process. The current field trials of GM
wheat lines are at the proof-of-concept research stage to enable
the assessment of different candidate genes. The knowledge
gained from these trials will then inform the development and
evaluation of new GM wheat varieties expressing the best
candidate genes for drought tolerance for product development
and ultimately commercialisation. This process is expected to
take 5 to 10 years. A coordinated approach for GM wheat adoption
in key wheat-growing countries around the world such as
Australia, the USA, Canada and Argentina, particularly relating
to GM wheat with key foundation traits such as drought tolerance
and fungal disease resistance, would seem sensible.
GMO Compass: You received your PhD in Heidelberg,
Germany, worked as an assistant professor in Zurich,
Switzerland, than moved to Australia in 1995 to develop the
Plant Biotechnology Centre in Melbourne, Victoria, from scratch.
Would you consider your research work possible under the
critical attitude Europe shows towards agricultural
biotechnology?
German Spangenberg: It is undeniable that early access to
and investment in technology provide us with better tools; tools
that are instrumental in unleashing creativity, supporting
innovation, creating knowledge and building the needed capacity
to exploit this knowledge for societal benefits. This is no
different for agricultural biotechnology. There is a risk when
societies - manipulated by irrational fear - become technophobic
and thus create disincentives for innovation and for adoption of
new technology, hindering economic, environmental and other
societal benefits that would be otherwise accrued. Considering
the challenges of meeting a worldwide growing demand for food,
feed and energy in a climate of change, it is imperative that,
globally, we find the wisdom to allow this powerful technology
to flourish and that choice be provided for farmers to adopt it.
GMO Compass: Professor Spangenberg, thank you very much
for the interview. |
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Prof. Dr. German Spangenberg,
aufgewachsen in Uruguay, hat in
Deutschland promoviert und in
der Schweiz geforscht. Heute ist
er Forschungsdirektor, Primary
Industries Research des
Bundesstaates Victoria
(Australien).
Prof. German Spangenberg grew up
in Uruguay, completed his PhD in
Germany and conducted research
in Switzerland. Today he is
Research Director for Plant
Genetics and Genomics at the
Victorian Department of Primary
Industries in Australia. |
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