Germany
November 29, 2007
Quelle:
bioSicherheit.de (GMO Safety)
Weniger Politik, mehr
Wissenschaft
Landwirtschaftsminister Horst
Seehofer hat eine grundsätzliche Änderung des
Zulassungsverfahrens für gentechnisch veränderte Pflanzen in der
EU vorgeschlagen. Künftig sollen Entscheidungen allein auf
wissenschaftlicher Basis fallen. Politische Abstimmungen wie
derzeit im Ministerrat und der EU-Kommission soll es nicht mehr
geben. Bis ein neues Verfahren ausgehandelt und etabliert ist,
sollen keine neuen Zulassungen mehr erteilt werden.
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Landwirtschaftsminister Horst Seehofer hält
das derzeitige Zulassungs- verfahren in der EU
für "hoch unbefriedigend" und plädiert für einen
Zulassungs-Stopp.
Foto: dsv-saaten |
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EU-Umweltkommissar Stavros Dimas will zwei
gv-Maislinien nicht zulassen und sich dabei über
die wissenschaftliche Empfehlung der EFSA
hinwegsetzen. |
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EU-Landwirtschafts- kommissarin Mariann
Fischer Boel befürchtet "dramatische
Konsequenzen", sollte es zu ein Zulassungsstopp
in der EU kommen. |
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Am Rande der Tagung der
EU-Agrarministerkonferenz in Brüssel sagte Seehofer, das
bisherige Verfahren sei "bedenklich", da die Vorbehalte in der
Bevölkerung "nicht ausreichend berücksichtigt" würden. "Das
sollte man jetzt erst einmal stoppen und schauen, ist das
Verfahren so in Ordnung," so Seehofer gegenüber der
Nachrichtenagentur AFP.
Seehofer sprach sich dafür aus, künftig gv-Pflanzen allein auf
wissenschaftlicher Grundlage durch eine Fachbehörde zu
genehmigen. Eine politische Abstimmung unter den Mitgliedstaaten
oder in der EU-Kommission solle es dann nicht mehr geben. Deren
Aufgabe sei es, Rahmenbedingungen für die Nutzung von
gv-Pflanzen festzulegen wie Regeln zur Sicherung der Koexistenz
oder die Kennzeichnung. Seehofer regte an, bei der Zulassung von
gv-Pflanzen künftig wie bei Arzneimitteln zu verfahren, wo eine
kompetente wissenschaftliche Behörde ohne Beteiligung der
Politik Entscheidungen treffe.
Auch bisher fallen Zulassungsentscheidungen über gv-Pflanzen und
den daraus hergestellten Lebens- und Futtermitteln auf Grundlage
einer wissenschaftlichen Sicherheitsbewertung durch die
Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA ). Ihre
Stellungnahme fließt in den Entscheidungsvorschlag ein, der von
der EU-Kommission ausgearbeitet wird. Bei der erforderlichen
Abstimmung im Ministerrat blockieren sich die in dieser Frage
tief zerstrittenen Mitgliedstaaten gegenseitig: Bisher wurde in
keinem Fall die erforderliche qualifizierte Mehrheit der
Mitgliedstaaten erreicht. In solchen Fällen sehen die
EU-Verträge vor, dass die EU-Kommission über die Zulassung
entscheidet. Sie ist dabei an die wissenschaftliche
Stellungnahme der EFSA gebunden.
Hintergrund für Seehofers Vorschläge sind auch die aktuellen
Kontroversen innerhalb der EU-Kommission über die
Anbau-Zulassung der beiden gv-Maislinien Bt11 und 1507.
EU-Umweltkommissar Stavros Dimas hatte öffentlich erklärt, die
Zulassung nicht zu erteilen und sich dabei über das
wissenschaftliche Gutachten der EFSA hinwegzusetzen. Anders als
die Experten der Behörde hat Dimas Zweifel an der
Umweltverträglichkeit der beiden gv-Maislinien. Die Mehrheit der
EU-Kommissare will Dimas jedoch nicht folgen. Nun soll innerhalb
der Kommission über eine gemeinsame Linie verhandelt werden.
"Der eine Kommissar sagt, es ist in Ordnung, der andere nicht.
Es ist nicht hinnehmbar, dass wir Politiker nach Mehrheiten und
aktuellen Stimmungen entscheiden. So können wir nicht
verfahren," sagte Seehofer gegenüber der Nachrichtenagentur
Reuters.
Zulassungsmoratorium: Fischer Boel befürchtet steigende
Fleischpreise
Genaue Vorschläge über ein neues Zulassungsverfahren gibt es
bisher nicht. Während der französische Landwirtschaftminister
Barnier Seehofer unterstützt, warnt
EU-Landwirtschaftskommissarin Mariann Fischer Boel vor einem
neuen Zulassungsmoratorium. Sie kritisiert die lange Dauer der
Genehmigungsverfahren in der EU und plädiert für eine deutliche
Beschleunigung der Verfahren.
Fischer Boel befürchtet eine deutlichen Verteuerung und
Verknappung der Futtermittel in Europa, wenn in Ländern wie USA,
Argentinien oder Brasilien, aus denen Europa seine
Futtermittelimporte bezieht, in rascher Folge neue gv-Pflanzen
zugelassen werden. Ohne Zulassung in der EU dürfen diese
gv-Pflanzen auch nicht in geringsten Spuren in Agrarimporten
vorhanden sein. Eine absolute Verhinderung unbeabsichtigter
Beimischungen sei technisch sehr aufwändig und teuer. Aus den
drei Ländern bezieht Europa 85 Prozent seiner Sojaimporte und 45
Prozent der Maisimporte, so Fischer Boel. Die Fleischerzeugung
in Europa ist von massiven Futtermittelimporten abhängig.
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