Germany
November 2, 2007
Quelle:
SAATEN-UNION News Nr.
48
Nachdem der Maiswurzelbohrer im
Sommer 2007 auch in Deutschland aufgetaucht ist, stellt sich die
Frage nach den am besten geeigneten Bekämpfungsmethoden. Neben
Präventivmaßnahmen wie Entseuchung von Erstbefallsgebieten und
kurzfristigen Anbaupausen sind mittel- und langfristige Lösungen
zwingend notwendig! Die Südwestsaat GbR, die Maisszüchtung der
Saaten-Union, hat nach dem vereinzelten Auftreten des Schädlings
in Europa Anfang der 90er Jahre ein systematisches
Resistenzzüchtungsprogramm initiiert. Die ersten marktreifen
Hybriden werden zur Aussaat 2008 in der Wertprüfung in Ungarn
stehen.
Offensiver Schädling auf dem Vormarsch
Im Jahr 1992 wurde im ehemaligen Jugoslawien zum ersten Mal der
Befall von westlichem Maiswurzelbohrer in Europa festgestellt.
Seitdem tauchte er in Ländern Mittel- und Südwesteuropas auf und
richtete in Ungarn 2003 erstmals erhebliche Ernteschäden an. Im
Sommer 2007 wurde er in Deutschland gleich an vier Standorten in
Baden-Württemberg und Bayern entdeckt. Ursprünglich stammt
dieser Schädling aus Mexiko, dem Ursprungsland der Maiskultur,
wo Mais seit hunderten von Jahren angebaut wird – mittlerweile
auf mehr als 9 Mio. ha jährlich. Hier hat sich ein Zusammenspiel
zwischen Pflanze und Schädling entwickelt, das beide Seiten
überleben lässt.
Resistenzzüchtungsprogramm erarbeitet Lösungen
Ziel des Resistenzzüchtungsprogramms sind an europäische
Bedingungen angepasste, natürlich resistente
Hochleistungszuchtstämme. Grundlage sind exotische Genquellen
aus Mexiko, die in wertvolle Inzuchtlinien der SWS GbR
eingekreuzt wurden. In Verbindung von systematischer Selektion
unter künstlichem und natürlichem Befall der Pflanzenbestände
mit jungen Wurzelbohrerlarven wurden diese neuen Sortentypen auf
ihre Resistenz und sonstige Anbaueigenschaften für die
jeweiligen Zielregionen getestet.
Diese Arbeiten begannen in Kooperation mit dem Forschungspartner
FAR (French Agricultural Research LLC) aus Minnesota, USA und
der SWS GbR Zuchtstation in Argentinien. Damit konnten im
Hochdurchsatzverfahren (von 2 Generationen pro Jahr) resistente
Elternlinien für neue Hybriden produziert werden. In 2002 begann
die Bewertung dieser Linien und deren Hybriden in Ungarn. Unter
natürlichen Befallsbedingungen wurden in mehrjähriger Prüfung an
den Hauptbefallsstandorten die besten resistenten Linien und
Hybriden identifiziert. Parallel dazu hat die FAR ihre
Auswertungen unter natürlichen und künstlichen
Befallsbedingungen in den USA fortgeführt. Die neuen Sortentypen
werden fortwährend auf Agronomie und Resistenzverhalten im SWS
GbR-System getestet und weiterentwickelt.
Mit der ersten resistenten Hybride, SUM 1352, konnte die
befallsbedingte Lagerneigung drastisch reduziert werden, von 90
% bei einer anfälligen Hybride auf unter 10 %.
Resistenz auf vielen Genen
Mit dem Stamm SUM 2068 (Geplanter Sortenname „SUNRISE“) wird in
2008 die weltweit erste auf nicht-transgener Züchtung beruhende
resistente Maishybride für den Wertprüfungsanbau zur Verfügung
stehen. Bei dieser Hybride sind mehrere Gene an einer
natürlich-breiten so genannten horizontalen Resistenz beteiligt,
was von enormem Vorteil für deren Stabilität ist: Je mehr Gene
an einer Resistenz beteiligt sind, desto stabiler ist diese.
Außerdem verfügt „SUNRISE“ über ausgezeichnete agronomische
Eigenschaften.
Die Tatsache, dass der Maiswurzelbohrer heute schon einen weit
verbreiteten, gefährlichen Schädling für den Maisanbau
darstellt, zwingt zu nachhaltig sicheren Schutzmaßnahmen.
Vorbeugend sorgen vor allem Fruchtfolgemaßnahmen für die
Ursachenbekämpfung der weiteren Ausbreitung des Schädlings.
Unter akuten Befallsbedingungen bieten nur Hybriden wie SUM 2068
Schutz vor Ernteausfällen. Diese Schutzgarantie kann der Status
quo heutiger Maishybriden ohne entsprechende
Resistenzeigenschaften derzeit noch nicht bieten; bei Befall
bedeutet dies eine zwingende Unterbrechung des Maisanbaus im
Einzugsgebiet betroffener Flächen. Natürlich-resistente
Maishybriden der SWS GbR machen es möglich, dort weiterhin Mais
anzubauen, am besten in Kombination mit einer Insektizidbeizung
und/oder Granulatbeigabe zur Aussaat. Dann hat der
Maiswurzelbohrer keine Chance, den Bestand anzugreifen und
wirtschaftlichen Schaden zu verursachen.
Nachhaltige Bekämpfungsstrategien gegen den Maiswurzelbohrer:
- Konsequenter
Fruchtwechsel, um den Befallsdruck im Boden über Jahre
niedrig zu halten.
- Einsatz von speziellen,
systemisch wirkenden Insektiziden durch Saatgutbeizung
und/oder Granulatbeilage bei der Aussaat.
- NEU: Eingelagerte
natürlich-breite (polygene) Resistenz in hochertragreichen
Hybriden, die den Larven des Maiswurzelbohrers keine
Angriffsfläche bieten und somit die Nahrungsquelle verwehren
(Wirtspflanzenresistenz).
Von natürlichen Mechanismen
lernen
Der Maiswurzelbohrer konnte in seinem „Heimatland“ Mexiko den
Maisanbau nicht dauerhaft wirtschaftlich schädigen. Das macht
deutlich, dass das Genom der mexikanischen Maissorten eine
geeignete natürliche Breite der Resistenz gegen Maiswurzelbohrer
zur Verfügung stellt, die den wirtschaftlichen Schaden durch den
Maiswurzelbohrer begrenzen. Die Forschungsprogramme zielen
darauf ab, von diesen Mechanismen zu lernen und sie auf
europäische Sorten zu übertragen.
In Europa, wo transgene Sorten keine breite Akzeptanz finden,
stellt die SWS GbR schon ab 2008/2009 konventionell gezüchtete
Hybriden mit einer stabilen Resistenz zum Testanbau zur
Verfügung. Deren agronomische Eigenschaften, wie Ertragsleistung
und Ertragssicherheit werden auf aktuellem Niveau etabliert
sein.
Dr. Peter G. Goertz
Anpassungsfähiger Käfer lehrt die USA das
Fürchten
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Biologischer Kreislauf des
Maiswurzelbohrers |
Der
sehr anpassungsfähige Käfer verursacht
in den USA jährlich Kosten von mehr als
einer Milliarde US-$. Die Schäden
entstehen vor allem in Maismonokulturen,
da die Weibchen des Schädlings ihre Eier
(bis zu 1.000 Stück) im Spätsommer an
Maiswurzeln ablegen und die im folgenden
Frühjahr schlüpfenden Larven für eine
optimale Entwicklung Maiswurzeln
benötigen. Durch einen Fruchtwechsel
lässt sich die Entwicklung der Larven
stoppen, jedoch ist der Käfer sehr
anpassungsfähig, wenn er großflächig mit
derselben Strategie bekämpft wird. Dies
gilt sowohl für den Fruchtwechsel als
auch für eine Bekämpfung mit
Insektiziden.
Neben einigen Resistenzen gegen
Insektizide ist in den
Hauptmaisanbaugebieten der USA auch eine
Anpassung an einen Fruchtwechsel
beobachtet worden. War der
Selektionsdruck sehr hoch, legen die
Weibchen ihre Eier auf den Feldern der
Alternativfrucht ab. Steht dort im
Folgejahr wieder Mais, so steht den
Larven ausreichend Nahrung zur
Verfügung. Derartige
Anpassungsstrategien sind aber nur bei
sehr hohem Selektionsdruck, also einem
sehr einseitigen Fruchtwechsel zu
erwarten. |
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Maiswurzelbohrer
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