Göttingen, Germany
May 4, 2007
Source:
Georg August Universität
Göttingen
Die im Gegensatz zur
Verbraucherseite bislang wenig erforschte Einstellung der
deutschen Landwirtschaft gegenüber der grünen Gentechnik haben
jetzt Agrarwissenschaftler der
Universität Göttingen
in einer Studie untersucht: Ein Forschungsteam unter der Leitung
des Agrarökonomen Prof. Achim Spiller hat dazu 370 Landwirte
befragt.
Unter den befragten Landwirten
sind insbesondere Besitzer von größeren landwirtschaftlichen
Betrieben in
Norddeutschland. Der Studie nach befürwortet knapp ein Drittel
der Befragten die Verwendung von gentechnisch
veränderten Saatgutsorten, während sich 29 Prozent klar gegen
den Einsatz von GVSaatgut aussprechen. „Die
größte Gruppe von über 38 Prozent ist unentschlossen kritisch,
aber nicht gänzlich ablehnend“, erläutert Prof. Spiller.
„Entgegen der oft vertretenen These, Landwirte seien
mehrheitlich gegen Gentechnik, zeigen die Ergebnisse unserer
Untersuchung ein geteiltes Bild.“
Die Akzeptanz der grünen
Gentechnik in der Gesellschaft wird bereits seit mehreren Jahren
intensiv untersucht.
„Bisher konzentriert sich die Forschung in Deutschland jedoch
fast ausschließlich auf die Verbraucherseite“, erläutert
Spiller. Nach seinen Angaben konnte hier wiederholt ein klares
Meinungsbild festgestellt werden. Verbraucher lehnen „Genfood“
mehrheitlich ab.
„Die Position der Landwirtschaft
wird dagegen erheblich weniger diskutiert“, so der Göttinger
Agrarwissenschaftler,
der die Studie zusammen mit Kollegen der Fachhochschule
Osnabrück erstellt hat. Um zu klären, welche Einflussgrößen die
Einstellung der Landwirte gegen-über grüner Gentechnik
maßgeblich bestimmen, wurde eine
sogenannte Regressionsanalyse durchgeführt. Mit einem solchen
statistischen Verfahren kann berechnet werden,
welche Faktoren die Gesamteinschätzung besonders stark prägen.
Unter ökonomischem Druck
Die Göttinger Studie zeigt, dass
vor allem das Meinungsbild der Familie und ökonomischer Druck
eine zustimmende Haltung gegenüber gentechnisch veränderten
Pflanzen bestimmen. „So ist davon auszugehen, dass einige
Landwirte GV-Saatgut aufgrund wirtschaftlicher Vorteile
einsetzen würden, obgleich sie dieser Thematik unter Umständen
kritisch gegenüberstehen. Neben der Zustimmung des räumlichen
Umfelds spielt außerdem das Innovationsverhalten
landwirtschaftlicher Entscheider gegenüber neuen Saatgutsorten
eine wichtige Rolle“, betont Studienleiter Julian Voss.
„Erstaunlicherweise haben das Haftungsrisiko und mögliche
Probleme wie eine Verunkrautung der Anbauflächen nur eine
nachgeordnete Bedeutung.“
Die Befragung gibt zudem darüber
Aufschluss, wie gefestigt das Meinungsbild der befragten
Landwirte gegenüber der grünen Gentechnik tatsächlich ist.
Danach schwanken Gegner des GVSaatguts in ihrer Einstellung
deutlich stärker als die Gentechnik-Befürworter.
„Auf die direkte Frage, ob künftig
der Einsatz von gentechnisch veränderten Saatgutsorten geplant
ist, antworten
jedoch auch die befürwortenden Landwirte zunächst zurückhaltend.
Wird jedoch ein konkretes Produkt wie zum Beispiel Mais oder
Zuckerrüben mit Vor- und Nachteilen vorgestellt, erhöht sich die
Bereitschaft zum Einsatz
von GV-Saatgut. Selbst in der Gruppe der Gegner steigt die
Verwendungswahrscheinlichkeit“, sagt Spiller. Der
Wissenschaftler, der an der Göttinger Fakultät für
Agrarwissenschaften den Arbeitsbereich Marketing für
Lebensmittel und Agrarprodukte leitet, fordert einen „sensiblen
Umgang mit dieser konfliktbeladenen Thematik“. Er meint: „Es
muss insgesamt ein fairer Interessensausgleich angestrebt
werden, um den vielzitierten ,Krieg auf dem Acker‘ zu
vermeiden.“ pug
Weitere Ergebnisse der Göttinger
Studie können im Internet unter der Adresse
www.agrarmarketing.uni-goettingen.de abgefragt werden. |