Berlin, Germany
November 30, 2006
Deutscher Bauernverband:
Haftungsregelung völlig unzureichend
Anlässlich des Bekanntwerdens des Entwurfes eines
Eckpunktepapiers der Bundesregierung zur Novellierung des
Gentechnikgesetzes bekräftigt
der Deutsche Bauernverband
(DBV) erneut seine Position, dass für ihn bei der Anwendung der
Grünen Gentechnik die Koexistenz aller Anbauformen absolute
Priorität besitzt. Vor diesem Hintergrund ist es überfällig,
dass vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz (BMELV) Regeln zur guten fachlichen Praxis
beim Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen in einer Verordnung
festgelegt werden. Durch die Festlegung kulturspezifischer
Anbauregeln muss eine Beeinträchtigung benachbarter Landwirte
ausgeschlossen werden. Zentrale Bedeutung hat hierbei die
Einhaltung verbindlicher Abstandsregeln. Aus Sicht des DBV ist
allerdings zu prüfen, ob zur Minderung der Vermark-tungsrisiken
die Abstandswerte zu ökologisch bewirtschafteten Anbauflächen
deutlich er-höht werden sollten.
Bezüglich der Aussagen zu einer EU-weiten Festlegung von
Kennzeichnungsschwellenwerten von gentechnisch veränderten
Anteilen in Saatgut vermisst der DBV ein Bekenntnis zu konkreten
und - für die Koexistenz unerlässlich - niedrigen Werten. Er
erwartet, dass sich die Bundesregierung in diesem Sinne massiv
auf europäischer Ebene einsetzt. Der DBV anerkennt, dass im
Eckpunktepapier deutliche Schritte zur Erleichterung des
Forschungsanbaus vorgeschlagen werden. Allerdings erscheinen
diese bezüglich der Haftungsrisiken von Landwirten im Umkreis
von genehmigten Freisetzungen nicht ausreichend.
Kritisch beurteilt der DBV die in den Eckpunkten vorgesehene
Präzisierung der Haftungsregelung im Gentechnikgesetz. Die
Präzisierungen greifen zu kurz und ermöglichen weder den
Landwirten noch der Versicherungswirtschaft eine ausreichende
Kalkulierbarkeit möglicher Haftungsrisiken. Wer die gute
fachliche Praxis einhalte, dürfe nicht mit Haftungsrisiken
belastet werden. Ebenso müssten Landwirte, die keine
gentechnisch veränderten Pflanzen anbauten, bei möglichen
Schäden unbürokratisch und ohne Ausfallrisiko entschädigt
werden. Nach Ansicht des DBV können diese Ziele für verbleibende
Restrisiken jenseits der verschuldensabhängigen Haftung
weiterhin nur umfassend durch einen Haftungsfonds erreicht
werden, der von den Saat- und Pflanzgut liefernden Unternehmen
wie auch von Landwirten, die gentechnisch veränderte Pflanzen
anbauen, gespeist werden müsse.
Alternative freiwillige Angebote der Saat- und
Pflanzgutwirtschaft seien nur dann akzeptabel, wenn sie
ebenfalls einen unmittelbaren und vollen Ausgleich des
geschädigten Landwirts sicherstellen. Alle bisher bekannt
gewordenen Inhalte einer auch im Eckpunktepapier angesprochenen
Selbstverpflichtung der Wirtschaftverbände der Zucht- und
Biotechnologieunternehmen können nur als kleine Schritte in die
richtige Richtung gewertet werden, stellen aber keineswegs eine
Gleichwertigkeit mit einem Haftungsfonds sicher. Vor diesem
Hintergrund bleibt der DBV bei seiner grund¬sätzlichen Position,
den Landwirten von einem Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen
abzuraten. |