Berlin, Germany
July 13, 2006
Die deutschen Landwirte haben ihre
Erwartungen an die diesjährige Ernte im Vergleich zur Umfrage im
März 2006 deutlich zurück geschraubt. Auf Grund der extremen
Trockenheit in den letzten Wochen sind die Bestände, vor allem
in den östlichen Bundesländern, stark geschwächt.
Voraussichtlich wird die Getreideernte 2006 mengenmäßig
unterhalb des Durchschnitts von rund 45 Millionen Tonnen liegen.
Diese erste Ernteprognose gab der Präsident
des Deutschen
Bauernverbandes (DBV), Gerd Sonnleitner, auf der
Ernteauftaktpressekonferenz in Mittenwalde. Gemeinsam mit Udo
Folgart, DBV-Vizepräsident und Präsident des
Landesbauernverbandes Brandenburg, lud er Journalisten zu einer
„Freilicht“-Pressekonferenz nach Brandenburg ein, um ihnen
Eindrücke aus der Praxis zu vermitteln. Neben der
Berichterstattung über die Ernte erhielten die zahlreich
erschienenen Journalisten und Fotografen die Möglichkeit, einen
Mähdrescher beim Ernteeinsatz live zu erleben. Beim
Betriebsrundgang über die Märkische Agrargenossenschaft e.G.
Mittenwalde konnten die Journalisten sich außerdem über die
Schwerpunkte des Betriebes, Milchviehhaltung und Ackerbau mit
Kartoffelvermarktung, bei der Vorstandvorsitzenden Cornelia
Brinkmann informieren.
Sonnleitner wies in seinen Ausführungen auf den problematischen
Witterungsverlauf hin,der Ertragseinbußen zur Folge habe. Die
Gerstenernte ist seiner Aussage nach von der Trockenheit am
wenigsten beeinflusst worden, da die Kornentwicklung fast
abgeschlossen gewesen ist, als der Hitzestress einsetzte.
Problematischer sei hingegen die Situation bei Winterweizen, der
wichtigsten Getreideart in Deutschland. Bedingt durch
frühzeitiges Abreifen und zu kurze unzureichende Kornfüllung
sind nach Einschätzung Sonnleitners beim Weizen empfindliche
Ertragsverluste zu erwarten. Das langjährige Mittel von 7,3
Tonnen je Hektar werde in diesem Jahr daher voraussichtlich
nicht erreicht werden. Ebenfalls eine rückläufige Tendenz gab
Sonnleitner bei Winterraps an, auch wenn es für Ertragsprognosen
noch zu früh sei. Verschärft habe sich die Situation bei Raps
durch einen regional starken Befall mit Rapsglanzkäfer, dessen
Bekämpfung aufgrund fehlender geeigneter Pflanzenschutzmittel
größte Schwie rigkeiten bereitet habe. Nach Aussage Folgarts
weisen in Brandenburg durch den Rapsglanzkäfer geschädigte
Bestände 30 bis 70 Prozent Ertragseinbußen auf.
Positiv bewertete Sonnleitner die Preisentwicklungen und
Börsennotierungen bei Getreide. Da der Getreidepreis
mittlerweile ungefiltert den Weltmarkteinflüssen unterliege,
spielten europäische und weltweite Erntemengen und die
Verbrauchszahlen eine große Rolle. Insgesamt sei aber die
Situation für europäischen Weizen auf dem Weltmarkt recht
günstig. In Europa würden traditionell gute Qualitäten erzeugt,
die in den Hauptimportländern im Mittelmeerraum und im Nahen
Osten sehr gefragt seien, erklärte Sonnleitner. 16 Millionen
Tonnen Weizen könnten von Europa exportiert werden. Zusätzlich
würden aus den Schwarzmeerländern wie der Ukraine oder auch
Weißrussland in diesem Jahr geringere Erntemengen erwartet,
wodurch der Markt entlastet werde.
Folgart wies außerdem darauf hin, dass mehr als 80 Prozent der
Flächen in Brandenburg von Natur aus benachteiligte Gebiete
sind, da die weniger ertragsstarken Böden vorherrschten. Daher
würden den Landwirten der geplante Wegfall der „Ausgleichszulage
für benachteiligte Gebiete“ große Sorgen bereiten. Die
Ausgleichszulage müsse aber weiterhin Bestand haben, da dadurch
Produktionsnachteile etwas kompensiert würden, erklärte Folgart.
Auf diese Weise könne auch in diesen benachteiligten Gebieten
dauerhaft die Nutzung der landwirtschaftlichen Flächen
gewährleistet sowie nachhaltige Bewirtschaftungsformen,
Arbeitsplätze und der ländliche Raum unterstützt werden. |