Frick, Switzerland
September 29, 2005Sollen
Knospe-Landwirte künftig auf Hybridsorten im Brotgetreideanbau
verzichten? Gegenwärtig erzielen Hybridsorten beim Roggen 10 bis
20 Prozent höhere Erträge als Populationssorten. Ausserdem sind
sie standfester und neigen weniger zu Auswuchs. Bei gesicherter
Vermarktung sind durch Hybridsorten daher Mehrerlöse bis 400
Franken pro Hektar möglich.
Ein neuer
FiBL-Bericht, finanziert im
Rahmen des
COOP-Naturaplan-Fonds, informiert am Beispiel des Roggens
über die Hybridzüchtung und fasst die Argumente für einen
Hybridverzicht zusammen.
Kritik an Hybridzüchtung und
Hybridsorten
Innere Qualität:
Durch fortgesetzte Inzucht und Pollensterilität im Züchtungsgang
werden vor allem von biologisch-dynamischer Seite her Verluste
bei den subtileren Eigenschaften Reife- und Ernährungsqualität
erwartet. Hier besteht grosser Forschungsbedarf und es müssen
angemessene Untersuchungsmethoden gefunden werden.
Sozioökonomie:
Da die Bauern Hybridsorten nicht nachbauen können, werden sie
stärker abhängig von Züchtern und Saatgutproduzenten. Dies wird
in der Schweiz gegenwärtig nicht als Problem gesehen, da die
meisten Bauern sowieso jährlich neues Saatgut kaufen, aber
langfristig macht es die Landwirtschaft korrumpierbar.
Ethik: Manche
Menschen haben Bedenken gegenüber den züchterischen Eingriffen
in die Blühbiologie der betreffenden Getreidearten. Diese
Eingriffe widersprechen den ethisch-philosophischen Grundideen
des biologischen Landbaus. Weiterhin fördert der durch die
Nicht-Nachbaufähigkeit vorhandene „quasi-Patentschutz“ in
Hybridsorten den ethisch fragwürdigen Bedeutungswandel des
Saatgutes vom Kulturgut zum reinen Produktionsmittel.
Genetische Verarmung:
Alle Pflanzen einer Hybridsorte haben den gleichen Genotyp.
Durch die Vereinheitlichung des genetischen Materials sind sie
genetisch verwundbarer gegenüber Umwelteinflüssen, die bei der
Selektion nicht berücksichtigt wurden. Beim Roggen haben noch
dazu alle Hybridsorten eines Züchters dasselbe cms-Zellplasma.
Die Sorten sind bezogen auf das Zellplasma uniform.
Der Qualitätsfrage kommt eine
besondere Bedeutung zu bei der anstehenden Entscheidung, ob
Hybridsorten vom biologischen Brotgetreideanbau der Schweiz
ausgeschlossen werden sollen oder nicht. Will man entsprechende
Forschungsergebnisse abwarten, bevor man eine Entscheidung
fällt, kommt diese mit Sicherheit zu spät. Realistischer wäre es
zunächst auf den Einsatz von Hybridsorten zu verzichten und sich
offen zu behalten, in einigen Jahren erneut darüber zu
beschliessen.
Ein Verzicht auf Hybridsorten
im biologischen Brotgetreideanbau der Schweiz wäre ein klares
Signal an die vor- und nachgelagerten Bereiche (Züchter/Handel
und Konsumenten), dass der biologische Landbau langfristige und
zukünftige Aspekte der Unabhängigkeit, Qualität und Vielfalt zu
berücksichtigen versucht und dafür auf gegenwärtige agronomische
Vorteile verzichtet. Dies müsste dem Handel bei Diskussionen um
den Marktpreis klar kommuniziert werden.
- Kontaktperson am FiBL:
Christine Arncken-Karutz
- Bericht
in der Datenbank Organic Eprints
- Artikel im bioaktuell (2/05):
Passt Hybridroggen zum Biolandbau?
-
www.biosaatgut.fibl.org |