Berlin, Germany
July 18, 2005
DBV: Rübenanbau in Europa darf nicht einer
verfehlten Globalisierung geopfert werden
7.000 Zuckerrübenbauern aus allen EU-Staaten demonstrieren heute
in Brüssel aus Anlass der Sitzung des EU-Agrarministerrates,
Dort werden die Vorschläge der EU-Kommission zur Reform der
Zuckermarktordnung erstmals ausführlich diskutiert. An der
Demonstration nehmen mehr als 1.000 deutsche Zuckerrübenbauern
teil. Sie kommen vor allem aus dem Rheinland, angeführt vom
Präsidenten des Rheinischen Landwirtschaftsverbandes, Friedhelm
Decker, aber auch aus Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Westfalen,
Hessen und Bayern.
Vor Sitzungsbeginn hatte der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft
Deutscher Rübenbauern und Sprecher der Europäischen Vereinigung
der Rübenbauern, CIBE, Jan Kirsch, mit einer Delegation des
europäischen Bauernverbandes COPA EU-Agrarkommissarin Mariann
Fischer Boel die deutsche Position dargelegt. In seiner
Ansprache vor den Demonstranten erklärte Kirsch die
Kommissionsvorschläge als Kampfansage an die europäischen
Zuckerrübenbauern. Brüssel dürfe nicht die fatalen Ergebnisse
seiner unüberlegt eingegangenen Freihandelsabkommen auf dem
Rücken der Zuckeranbauer austragen. Die EU-Kommission müsse im
Gegenteil die europäischen Zuckerinteressen endlich mit
Nachdruck bei den WTO-Verhandlungen vertreten. „Zucker muss als
sensibles Produkt eingestuft werden, beim Zollabbau muss um
jeden Euro gerungen werden“, forderte Kirsch. Besonders wichtig
sei es auch, dass endlich mit den 50 ärmsten
Entwicklungsländern, den so genannten LDC-Staaten, Verhandlungen
über eine Mengenbegrenzung aufgeno mmen werde, die diese selber
forderten. Eine solche Mengenbegrenzung und besonders eine
stringente Ursprungsregelung seien für die Zukunft des
europäischen Zuckerrübenanbaus von ausschlaggebender Bedeutung.
Kirsch warnte davor, dass durch die jetzigen Reformvorschläge
der Kommission die europäischen Bauern auf Produktion und
Einkommen verzichten müssten und sich Brasilien so zum
weltweiten Monopolisten bei Anbau und Verarbeitung von Zucker
entwickeln könne. Er forderte für die Preissenkungen einen
vollen Ausgleich für die europäischen Rübenbauern. Der bislang
geplante Ausgleich von theoretisch 60 Prozent sei zu niedrig.
Kirsch bezeichnete den vorgesehenen Restrukturierungsfonds „im
Ansatz positiv“. Damit könnten allgemeine Quotenkürzungen
verhindert werden. Der Fonds mache jedoch nur dann Sinn, wenn
die Rübenbauern in Zukunft kostendeckende Rübenpreise erhalten
würden.
Der Vizepräsident des
Deutschen Bauernverbandes (DBV), Heinz Christian Bär,
erklärte in Brüssel: „Mit einer Reform der Zuckermarkt¬ordnung
darf der deutsche und europäische Zuckerrübenanbau nicht
zerstört werden. Wir werden nicht zulassen, dass Anbau und
Verarbeitung von Zuckerrüben hier zu Lande einer überzogenen
Globalisierung geopfert werden.“ Alle politisch Verantwortlichen
in der EU und in den Mitgliedstaaten ständen in der Pflicht, die
Arbeitsplätze von über 46.000 Rübenbauern, 6.500 Arbeitnehmern
in der Zuckerindustrie sowie rund 20.000 Beschäftigten in den
vor- und nachgelagerten Bereichen zu sichern. Bär appellierte an
Bundesministerin Renate Künast, sich für die Interessen der
deutschen Zuckerrübenanbauer einzusetzen und nicht indirekt die
Politik der brasilianischen Großgrundbesitzer mit ihren
Zuckerrohrplantagen zu betreiben. |