Berlin, Germany
August 10, 2005
Dritte Erntemeldung des DBV
Die ständigen Regenschauer der letzten Wochen bringen die Bauern
zur Verzweiflung. Kaum ist das Getreide genügend abgetrocknet,
um geerntet zu werden, da kommt der nächste Schauer und der
Mähdrescher muss wieder umkehren. So steht immer noch etwa die
Hälfte der Getreideernte auf den Feldern. Das entspricht einem
Ernterückstand von zwei Wochen. Die Bauern hoffen, dass „Petrus“
endlich ein Einsehen hat. Denn jeder weitere Tag Regen droht den
Ertrag und vor allem die Qualität zu senken. Am deutlichsten ist
dies beim Weizen zu erkennen: Die Ähren färben sich dunkel. Die
so genannte Fallzahl, ein Indikator für die Backfähigkeit des
Weizens, sinkt. Und zum Teil beginnen die Körner in der Ähre
erneut auszukeimen.
Wie der Deutsche
Bauernverband (DBV) weiter in seinem dritten Erntebericht
mitteilt, konnte der Weizen, die wichtigste Getreideart in
Deutschland, bisher lediglich in der südlichen Rheinschiene fast
vollständig gedroschen werden. In den übrigen südlichen Regionen
und in der Mitte Deutschlands stehen 2/3 der Weizenbestände noch
auf dem Feld. Im Norden wurden erst Einzelflächen gedroschen.
Hinzu kommt, dass in einigen Regionen der Weizen zunächst durch
Hitze und Trockenheit nicht richtig ausreifen konnte. Diese so
genannten „notreifen“ Bestände mit ihren ohnehin schon
geringeren Erträgen hätten längst geerntet werden müssen. Das
Getreide nass zu ernten und dann im Lager zu trocknen, ist seit
Ökosteuer und Rekordpreisen für Heizöl für die Bauern ein
kostspieliges Unterfangen geworden. Um z. B. eine Tonne Weizen,
die mit 19 Prozent Feuchte geerntet wurde, auf die für die
Lagerung erforderliche 14 Prozent Feuchte herunterzutrocknen,
werden dem Landwirt z. B. 15,30 Euro vom Landhan del in Rechnung
gestellt. Statt z. B. 95 Euro je Tonne bleiben ihm dann nur noch
79,50 Euro (- 16 Prozent). Daher warten die meisten Landwirte
auf besseres Wetter.
Allerdings sinken mit jedem Regentag auch die Ertrags- und
Qualitätserwartungen. Anhand der bisher geernteten Bestände ist
von einem Ertragsrückgang von 11,5 Prozent gegenüber dem
Rekordergebnis des Vorjahres auszugehen. Hochgerechnet auf die
Gesamtweizenfläche wäre das ein Durchschnittsertrag von 7,3
Tonnen pro Hektar und damit weniger als der Durchschnitt der
letzten Jahre. Aber selbst dafür müsste jetzt unmittelbar eine
längere Schönwetterperiode beginnen. Früh gedroschener Weizen
war von der Qualität her noch gut. Neben Fallzahlen von
mindestens 200 Sekunden lag der Eiweißgehalt bei 13 Prozent und
darüber. Zuletzt geerntete Bestände konnten diese Werte zum Teil
nicht mehr erreichen. Das könnte zumindest dem Markt den nötigen
Impuls geben. Denn bisher schien backfähiger Weizen auf Grund
der guten Ernte des Vorjahres reichlich verfügbar und wurde
schlechter bezahlt als Futtergerste. Im Laufe des Jahres könnten
Partien mit guten Qualitäten jedoch noch gefragt sein.
Ähnlich sieht die Situation bei Roggen aus. Auch hier konnte
erst ein Drittel der Ernte gedroschen werden. Die Erträge
dürften etwa 14 Prozent unter dem Vorjahr liegen, das wäre ein
Durchschnittsertrag von gut 5 Tonnen pro Hektar. Da gleichzeitig
die Anbaufläche um 10 Prozent reduziert wurde, dürfte in diesem
Jahr rund 20 Prozent weniger Roggen auf den Markt kommen. Die
Preise liegen daher auch schon deutlich höher als im Vorjahr,
wenn auch 75 bis 85 Euro je Tonne noch kein kostendeckender
Preis ist. Aber auch bei Roggen sinken mit jedem Regen¬tag die
Qualitäten und das Risiko steigt, dass die Körner in der Ähre
keimen (Auswuchs). Deutlich verzögert hat das schlechte Wetter
die Ernte der Sommergerste. Erst die Hälfte konnte bisher
gedroschen werden. Besonders in den frühen Regionen
Südwestdeutschlands traten erhebliche Qualitätsprobleme auf. In
den Höhenlagen und in Nord- bzw. Ostdeutschland könnten Erträge
und Qualitäten dagegen besser ausfallen, sofern es zu keiner
weiteren Ernteverzögerung kommt. Abgeschlossen wurde
mittlerweile die Ernte der Wintergerste. Die Erträge sind um
rund 10 Prozent zurückgegangen. So wurden durchschnittlich etwa
6,4 Tonnen pro Hektar geerntet. Während in den meisten Regionen
gute Qualitäten erzielt wurden, verzeichneten Partien aus
Niedersachsen und den östlichen Bundesländern häufiger geringere
Hektolitergewichte durch Schmachtkörner. Am Markt sind die
Signale weiterhin positiv. Denn Wintergerste ist nicht nur in
heimischen Futtertrögen, sondern auch in Spanien und Nordafrika
gefragt.
Auch der Raps wurde hierzulande schon zu rund 80 Prozent
geerntet. Hagel und Starkregen hatten in der Nordhälfte
Deutschlands zum Teil zu einem Aufplatzen der Schoten und dem
Herausfallen der Körner geführt. Die Erträge liegen insgesamt
etwa 12,5 Prozent niedriger als im Vorjahr, mit 3,6 Tonnen je
Hektar aber immer noch über dem langjährigen Durchschnitt von
3,4 Tonnen.
Bei den Kartoffeln ist die Ernte der Frühkartoffeln weitgehend
abgeschlossen und es wird mit der Rodung der mittelfrühen Sorten
begonnen. Die Erträge für Frühkartoffeln liegen unter denen des
exzellenten Vorjahres, aber über den Befürchtungen, die der
trockene Frühsommer entfachte. Von der feuchten Witterung
könnten spätere Sorten profitieren. Nach einem desolaten
Saisonstart bei den Frühkartoffeln erwarten die Erzeuger für die
zweite Jahreshälfte festere Preise.
Weniger zugesetzt hat das unbeständige Wetter dem Anbau von Obst
und Gemüse. Freilandgemüse profitierte zum Teil sogar von der
reichlichen Wasserverfügbarkeit in den letzten Wochen. |