Berlin, Germany
October 21, 2004
Saatgutunternehmen dürfen im
Hinblick auf den Sortenschutz und den Nachbau nicht generell von
den Saatgut-Aufbereitern Auskunft über ihre Kunden verlangen;
ebenso wenig sind die Aufbereiter zur Auskunft über ihre Kunden
verpflichtet. Dies geht aus einem Urteil des
Europäischen Gerichtshofes
hervor, das der Deutsche
Bauernverband (DBV) begrüßt. Eine Auskunftspflicht besteht
nur dann, wenn konkrete Anhaltspunkte vorliegen, dass
Nachbausaatgut einer geschützten Sorte aufbereitet wurde. Der
Europäische Gerichtshof hat in seinem Urteil klargestellt, dass
diese Auskunftspflicht unabhängig davon besteht, ob dem
Aufbereiter die betreffenden Sorten genannt wurden oder ihm die
Sortenbezeichnungen bekannt waren.
Der Gerichtshof bekräftigte mit diesem Urteil zu den
Aufbereitern von Saatgut seine bisherige Rechtsprechung gegen
allgemeine Auskunftspflichten von Landwirten. Er hat allerdings
offen gelassen, was als „konkreter Anhaltspunkt“ zu verstehen
ist. Die Saatgut-Treuhandverwaltung hatte sich in dem
Rechtsstreit, den der Europäische Gerichtshof jetzt entschieden
hat, auf ihr vorliegende Aufbereiterbelege bezogen. In diesem
Zusammenhang weist der DBV darauf hin, dass bei Inanspruchnahme
der „Rahmenregelung Saat- und Pflanzgut“ Aufbereiter nicht zu
benennen sind.
-
Source:
Court of Justice of the
European Union
-
WICHTIGER
RECHTLICHER HINWEIS: Für die Angaben auf dieser
Website besteht
Haftungsausschluss und Urheberrechtsschutz.
-
URTEIL DES
GERICHTSHOFES (Zweite Kammer)
21. Oktober 2004(1)
„Rechtsmittel – Gemeinschaftsmarke – Verordnung (EG) Nr.
40/94 – Absolutes Eintragungshindernis –
Unterscheidungskraft – Farbe als solche – Farbe Orange“
In der Rechtssache
C-447/02 P
betreffend ein
Rechtsmittel nach Artikel 49 der EG-Satzung des
Gerichtshofes,
eingereicht am 11.
Dezember 2002,
KWS Saat AG mit
Sitz in Einbeck (Deutschland), Prozessbevollmächtigter:
Rechtsanwalt C. Rohnke, Zustellungsanschrift in
Luxemburg,
Rechtsmittelführerin,
anderer
Verfahrensbeteiligter:
Harmonisierungsamt
für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM),
vertreten durch D. Schennen und G. Schneider als
Bevollmächtigte,
Beklagter
im ersten Rechtszug,
erlässt
DER GERICHTSHOF
(Zweite Kammer)
unter Mitwirkung des
Kammerpräsidenten C. W. A. Timmermans, der Richter
C. Gulmann und J.‑P. Puissochet sowie der Richterin
N. Colneric und des Richters J. N. Cunha Rodrigues
(Berichterstatter),
Generalanwalt:
P. Léger,
Kanzler: M. Múgica Arzamendi, Hauptverwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen
Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 4. März
2004,
nach Anhörung der
Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 19.
Mai 2004,
folgendes
Urteil
- 1
- Mit ihrem Rechtsmittel
beantragt KWS Saat AG (im Folgenden: KWS) die Aufhebung des
Urteils des Gerichts erster Instanz der Europäischen
Gemeinschaften (Zweite Kammer) vom 9. Oktober 2002 in der
Rechtssache T-173/00 (KWS Saat/HABM [Orangeton], Slg. 2002,
II-3843, im Folgenden: angefochtenes Urteil), soweit es
ihrem Antrag auf Eintragung der Farbe Orange als
Gemeinschaftsmarke für bestimmte Aufbereitungsanlagen für
Saatgut und bestimmte land-, garten- und
forstwirtschaftliche Erzeugnisse nicht stattgegeben hat.
Rechtlicher Rahmen
- 2
- Artikel 7 Absatz 1
Buchstabe b der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20.
Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11,
S. 1) sieht vor:
„Von der Eintragung
ausgeschlossen sind:
...
- b)
- Marken, die keine
Unterscheidungskraft haben.“
- 3
- Artikel 7 Absatz 3 der
Verordnung bestimmt:
„Die Vorschriften des
Absatzes 1 Buchstaben b), c) und d) finden keine Anwendung,
wenn die Marke für die Waren oder Dienstleistungen, für die
die Eintragung beantragt wird, infolge ihrer Benutzung
Unterscheidungskraft erlangt hat.“
- 4
- Artikel 73 der Verordnung
sieht vor:
„Die Entscheidungen des
Amtes sind mit Gründen zu versehen. Sie dürfen nur auf
Gründe gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern
konnten.“
- 5
- Artikel 74 der Verordnung
bestimmt:
„(1) In dem Verfahren vor
dem Amt ermittelt das Amt den Sachverhalt von Amts wegen.
Soweit es sich jedoch um Verfahren bezüglich relativer
Eintragungshindernisse handelt, ist das Amt bei dieser
Ermittlung auf das Vorbringen und die Anträge der
Beteiligten beschränkt.
(2) Das Amt braucht Tatsachen
und Beweismittel, die von den Beteiligten verspätet
vorgebracht werden, nicht zu berücksichtigen.“
Sachverhalt
- 6
- KWS ist eine Gesellschaft
mit Sitz in Deutschland.
- 7
- Am 17. März 1998 reichte
sie gemäß der Verordnung Nr. 40/94 die Anmeldung einer
Gemeinschaftsmarke beim Harmonisierungsamt für den
Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle, im Folgenden: HABM)
ein.
- 8
- Bei dem zur Eintragung
angemeldeten Zeichen handelt es sich um die Farbe Orange als
solche entsprechend der Farbcode-Nummer HKS7.
- 9
- Die Waren und
Dienstleistungen, für die die Eintragung des Zeichens
beantragt wurde, gehören zu den Klassen 7, 11, 31 und 42 im
Sinne des Abkommens von Nizza vom 15. Juni 1957 über die
internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen
für die Eintragung von Marken in seiner überarbeiteten und
geänderten Fassung und entsprechen folgender Beschreibung:
- –
- Klasse 7:
„Aufbereitungsanlagen für Saatgut, nämlich zur
‑reinigung, ‑beizung, ‑pillierung, ‑kalibrierung,
‑wirkstoffbehandlung, ‑qualitätsuntersuchung und
‑siebung“;
- –
- Klasse 11:
„Aufbereitungsanlagen zum Trocknen von Saatgut“;
- –
- Klasse 31: „Land-,
garten- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse …, soweit
[in Klasse 31] enthalten“;
-
-
- –
- Klasse 42: „Technische
und betriebswirtschaftliche Beratung auf dem Gebiet des
Pflanzenbaus, insbesondere der Saatgutbranche“.
- 10
- Mit Entscheidung vom 25.
März 1999 wies die Prüferin des HABM die Anmeldung von KWS
mit der Begründung zurück, dass die angemeldete Marke nicht
im Sinne von Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung
Nr. 40/94 unterscheidungskräftig sei.
- 11
- Am 21. Mai 1999 legte KWS
beim HABM gegen diese Entscheidung Beschwerde ein.
- 12
- Mit Entscheidung vom 19.
April 2000 (Sache R 282/1999-2, im Folgenden: angefochtene
Entscheidung), die KWS am 28. Juni 2000 zugestellt wurde,
wies die Zweite Beschwerdekammer des HABM die Beschwerde
zurück. Die Beschwerdekammer war im Wesentlichen der
Ansicht, dass die angemeldete Marke keine
Unterscheidungskraft im Sinne von Artikel 7 Absatz 1
Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94 habe.
- 13
- In den Randnummern 17 und
18 der angefochtenen Entscheidung heißt es:
- „17
- … Nachforschungen der
Kammer haben … ergeben, dass die in der Anmeldung
dargestellte Farbe für den konkreten Bereich nicht
einmal ungewöhnlich oder eigentümlich ist.
- 18
- Es ist schon seit
einiger Zeit ein übliches Verfahren von Saatherstellern,
Saatgut mit Farbstoffen einzufärben, um zu zeigen, dass
dieses Saatgut behandelt wurde (z. B. mit Pestiziden,
Fungiziden oder Herbiziden). Dies führt sogar dazu, dass
es Firmen gibt, die Farben für Saatgut herstellen. So
wirbt zum Beispiel ein Hersteller für seine Produkte mit
folgender Aussage:
-
- ‚… Colorants identify
treated seeds, as well as transgenic seeds … Seed
colorants identify treated seed, reducing mishandling of
seed treated with active ingredients such as fungicide
or insecticide. With the help of seed colorants and
coatings, producers will feel confident that their seed
investment is safe …‘
-
-
http://www.bucolor.com/seeds/colorants.htm
-
- (‚… Farbstoffe
identifizieren behandeltes Saatgut ebenso wie
genetisch verändertes Saatgut … Saatfarbstoffe
identifizieren behandeltes Saatgut, das mit
Aktivstoffen wie z. B. Fungiziden oder Insektiziden
behandelt wurde. Durch die Hilfe von Saatfarbstoffen
und -beschichtungen können Hersteller darauf
vertrauen, dass ihre Saatinvestition sicher
ist …‘).“
Angefochtenes Urteil
- 14
- Mit am 28. Juni 2000 bei
der Kanzlei des Gerichts eingegangener Klageschrift
beantragte KWS, die angefochtene Entscheidung aufzuheben,
wobei sie sich auf zwei Klagegründe stützte, die sich zum
einen aus der Verletzung von Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b
der Verordnung Nr. 40/94 und zum anderen aus der Verletzung
der Artikel 73 und 74 der Verordnung herleiteten.
- 15
- Mit dem angefochtenen
Urteil hat das Gericht der Klage von KWS zum Teil
stattgegeben.
- 16
- Was den Klagegrund einer
Verletzung von Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung
Nr. 40/94 angeht, so hat das Gericht in Randnummer 33 des
angefochtenen Urteils hinsichtlich der land-, garten- und
forstwirtschaftlichen Erzeugnisse der Klasse 31 und
insbesondere des Saatguts entschieden:
„… die Verwendung von
Farben einschließlich des angemeldeten Orangetons oder ganz
ähnlicher Farbtöne [ist] für diese Erzeugnisse … nicht
selten. Daher ermöglicht es das angemeldete Zeichen den
maßgeblichen Verkehrskreisen nicht, unmittelbar und mit
Gewissheit die Erzeugnisse der Klägerin von den in anderen
Orangetönen eingefärbten Erzeugnissen anderer Unternehmen zu
unterscheiden.“
- 17
- In Bezug auf die
Aufbereitungsanlagen der Klassen 7 und 11 heißt es in
Randnummer 40 des angefochtenen Urteils:
„… die Beschwerdekammer
[hat] in Randnummer 21 der angefochtenen Entscheidung zu
Recht festgestellt, dass Maschinen mit diesem oder einem
ähnlichen Farbton nicht ungewöhnlich seien. Da die Farbe
Orange üblich ist, wird sie es den maßgeblichen
Verkehrskreisen nicht ermöglichen, unmittelbar und mit
Gewissheit die Anlagen der Klägerin von Maschinen zu
unterscheiden, die in ähnlichen Orangetönen gehalten sind
und von anderen Herstellern stammen. Deshalb werden die
maßgeblichen Verkehrskreise die angemeldete Farbe eher als
ein bloßes Gestaltungsmerkmal der fraglichen Waren
auffassen.“
- 18
- Was hingegen die
Dienstleistungen der Klasse 42 betrifft, so hat das Gericht
in Randnummer 46 des angefochtenen Urteils ausgeführt:
„… das aus dem Orangeton
als solchem bestehende Zeichen [ermöglicht] es den
maßgeblichen Verkehrskreisen …, die betreffenden
Dienstleistungen von denjenigen anderer betrieblicher
Herkunft zu unterscheiden, wenn sie bei einer späteren
Inanspruchnahme ihre Wahl zu treffen haben.“
- 19
- Das Gericht hat folglich
dem Klagegrund einer Verletzung von Artikel 7 Absatz 1
Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94 hinsichtlich der
Dienstleistungen der Klasse 42 stattgegeben. Für die land-,
garten- und forstwirtschaftlichen Erzeugnisse der Klasse 31
und die Aufbereitungsanlagen der Klassen 7 und 11 hat es
diesen Klagegrund zurückgewiesen.
- 20
- Was den Klagegrund einer
Verletzung der Artikel 73 und 74 der Verordnung Nr. 40/94
betrifft, so hat das Gericht in Bezug auf Artikel 73 die
Auffassung vertreten, dass die Beschwerdekammer ihre Pflicht
zur Begründung ihrer Entscheidung beachtet habe.
- 21
- Insoweit hat das Gericht
zum einen in Randnummer 56 des angefochtenen Urteils darauf
hingewiesen, dass KWS über die erforderlichen Angaben
verfügt habe, um die angefochtene Entscheidung
nachzuvollziehen und deren Rechtmäßigkeit vor dem
Gemeinschaftsgericht in Frage zu stellen.
- 22
- Zum anderen hat das
Gericht in Randnummer 59 des Urteils entschieden, dass die
Beschwerdekammer nicht dadurch Artikel 73 der Verordnung Nr.
40/94 verletzt habe, dass sie KWS solche Unterlagen nicht
übermittelt habe, die sie ausschließlich verwendet habe, um
die angefochtene Entscheidung vorzubereiten und auf Gründe
und Erwägungen zu stützen, die KWS bereits bekannt gewesen
seien.
- 23
- In Bezug auf Artikel 74
der Verordnung Nr. 40/94 hat das Gericht wie folgt die
Auffassung vertreten, dass die Beschwerdekammer die sich aus
dieser Vorschrift ergebende Verpflichtung, die Tatsachen von
Amts wegen zu ermitteln, beachtet habe:
- „60
- … die Beschwerdekammer
[hat] durchaus eine Reihe einschlägiger Tatsachen
geprüft und zugrunde gelegt, um die Unterscheidungskraft
des Zeichens hinsichtlich der einzelnen Waren und
Dienstleistungen zu beurteilen, auf die sich die
Markenanmeldung bezog. Vor der angefochtenen
Entscheidung vom Amt getroffene entsprechende
Entscheidungen oder im Internet gefundene Beispiele
stellen insoweit weder einen Ersatz für die in der
angefochtenen Entscheidung entwickelte Argumentation
noch neue Tatsachen dar, die nicht von Amts wegen
geprüft worden wären, sondern zusätzliche Umstände, die
das Amt in seinen Schriftsätzen angeführt hat, um die
Prüfung zu ermöglichen, ob die angefochtene Entscheidung
zu Recht ergangen ist.“
- 24
- Unter diesen Umständen hat
das Gericht den Klagegrund einer Verletzung der Artikel 73
und 74 der Verordnung Nr. 40/94 in vollem Umfang
zurückgewiesen.
- 25
- Das Gericht hat somit die
angefochtene Entscheidung hinsichtlich der Dienstleistungen
der Klasse 42 aufgehoben, die Klage im Übrigen abgewiesen
und KWS verurteilt, ihre eigenen Kosten und zwei Drittel der
Kosten des HABM zu tragen.
Anträge der Beteiligten
- 26
- KWS beantragt,
- –
- das angefochtene
Urteil aufzuheben, soweit es die Klage abweist;
-
-
- –
- die angefochtene
Entscheidung für nichtig zu erklären, soweit dies nicht
bereits durch das angefochtene Urteil geschehen ist;
-
-
- –
- dem HABM die Kosten
des Rechtsstreits aufzuerlegen.
- 27
- Das HABM beantragt,
-
-
- –
- das Rechtsmittel
zurückzuweisen;
-
-
- –
- KWS zur Tragung der
Kosten zu verurteilen.
Zum Rechtsmittel
- 28
- Das HABM macht in seiner
Rechtsmittelbeantwortung geltend, dass „die Eintragung der
vorliegenden Farbmarke auch für die von der
Rechtsmittelführerin beanspruchten Dienstleistungen im
Bereich der Beratung auf dem Gebiet des Pflanzenbaus hätte
verweigert werden müssen. Das Amt greift das Urteil des
Gerichts erster Instanz nicht selbständig an. Dies sollte
allerdings den Gerichtshof nicht hindern, Feststellungen zum
Schutz konturenloser einzelner Farben zu treffen, die dann
ggf. mit den Ausführungen des angefochtenen Urteils insoweit
nicht unbedingt in Einklang stehen müssten.“
- 29
- Aus diesen Äußerungen
ergibt sich, dass das HABM ausdrücklich von der Einlegung
eines auf die Aufhebung des angefochtenen Urteils
gerichteten Anschlussrechtsmittels hinsichtlich der
Dienstleistungen der Klasse 42 abgesehen hat, obwohl es
insoweit die Richtigkeit der Entscheidung des Gerichts
bezweifelt.
- 30
- Der dem Gerichtshof
unterbreitete Rechtsstreit und damit das vorliegende Urteil
sind folglich auf die Anmeldung einer Marke für Waren der
Klassen 7, 11 und 31 beschränkt.
- 31
- Zur Begründung ihres so
eingegrenzten Rechtsmittels stützt sich KWS auf vier Gründe.
Der erste Rechtsmittelgrund wird aus einer Verletzung von
Artikel 74 Absatz 1 der Verordnung Nr. 40/94 hergeleitet,
wonach der Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln ist, der
zweite aus einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches
Gehör, der dritte aus einer Verletzung der
Begründungspflicht und der vierte aus einer unzutreffenden
Auslegung von Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung
hinsichtlich des Erfordernisses der Unterscheidungskraft.
Zum ersten Rechtsmittelgrund
- 32
- Mit ihrem ersten
Rechtsmittelgrund macht KWS geltend, das Gericht habe
dadurch, dass es in Randnummer 60 des angefochtenen Urteils
nur festgestellt habe, dass die Beschwerdekammer „durchaus
eine Reihe einschlägiger Tatsachen geprüft und zugrunde
gelegt [hat]“, die Anforderung des Artikels 74 Absatz 1 der
Verordnung Nr. 40/94 verkannt, wonach „das Amt den
Sachverhalt von Amts wegen [ermittelt]“. Das Gericht habe
damit übersehen, dass es nicht nur darauf ankomme, ob
überhaupt irgendwelche Tatsachen ermittelt worden seien,
sondern darauf, ob die Ermittlungen hinreichend vollständig
gewesen seien. Die Ermittlungen des HABM hätten nämlich so
weit gehen müssen, dass es sicher hätte feststellen können,
ob Eintragungshindernisse im Sinne von Artikel 7 der
Verordnung vorlägen.
- 33
- Vor seiner Entscheidung
habe das HABM nicht „eine Reihe von Tatsachen“ ermittelt,
sondern nur „eine“. Die Beschwerdekammer habe sich in
Randnummer 17 der angefochtenen Entscheidung auf ihre
„Nachforschungen“ bezogen. Als einziges Ergebnis dieser
Nachforschungen habe sie in Randnummer 18 der Entscheidung
auf die Webpage „www.bucolor.com“ verwiesen. Diese Webpage
allein könne die Zurückweisung nicht rechtfertigen. Denn als
Webpage eines einzelnen Herstellers genüge sie nicht, um
eine allgemeine Übung zu belegen. Es handele sich im Übrigen
um ein amerikanisches Unternehmen. Gepflogenheiten auf dem
amerikanischen Markt seien grundsätzlich kein Beleg für die
Verkehrsauffassung im Gebiet der Gemeinschaft. Schließlich
sei die Homepage in Englisch verfasst. Den angesprochenen
Verkehrskreisen in der Gemeinschaft sei sie somit nicht
zugänglich.
- 34
- Es ist festzustellen, dass
KWS mit diesem ersten Rechtsmittelgrund im Wesentlichen
versucht, die zunächst von der Beschwerdekammer und sodann
vom Gericht vorgenommene Beurteilung der Tatsachen in Frage
zu stellen.
- 35
- Aus Artikel 225 EG und
Artikel 58 der Satzung des Gerichtshofes geht aber hervor,
dass ein Rechtsmittel nur auf Gründe in Bezug auf die
Verletzung von Rechtsvorschriften unter Ausschluss jeder
Tatsachenbeurteilung gestützt werden kann.
- 36
- Daraus folgt, dass der
erste Rechtsmittelgrund unzulässig ist.
Zum zweiten Rechtsmittelgrund
- 37
- Mit ihrem zweiten
Rechtsmittelgrund rügt KWS eine Verletzung des Anspruchs auf
rechtliches Gehör sowohl im Verfahren vor der
Beschwerdekammer als auch im Verfahren vor dem Gericht. Der
zweite Rechtsmittelgrund besteht also aus zwei Teilen.
Zum ersten Teil des
zweiten Rechtsmittelgrundes
- 38
- Mit dem ersten Teil des
zweiten Rechtsmittelgrundes trägt KWS vor, das HABM habe die
angefochtene Entscheidung in tatsächlicher Hinsicht auf ein
einziges Dokument gestützt, nämlich auf die in Randnummer 18
der angefochtenen Entscheidung erwähnte und in Randnummer 13
des vorliegenden Urteils wiedergegebene Internetfundstelle.
Das HABM habe diese Fundstelle ihr gegenüber erstmals in der
angefochtenen Entscheidung und damit am Ende des
Amtsverfahrens erwähnt. Somit habe es gegen den Grundsatz
des rechtlichen Gehörs verstoßen.
- 39
- Anstatt diesen Verstoß
hervorzuheben, habe das Gericht nur geprüft, ob die
Unterlagen für das Verständnis der angefochtenen
Entscheidung zwingend benötigt würden. Auch habe das Gericht
in Randnummer 58 des angefochtenen Urteils zu Unrecht
ausgeführt, dass „die Klägerin im Wesentlichen die Argumente
und Tatsachen kannte, die die Beschwerdekammer bei ihrer
Entscheidung über die Aufhebung oder Bestätigung der
Entscheidung des Prüfers untersuchen würde, und dass die
Klägerin somit Gelegenheit hatte, sich zu ihnen zu äußern“.
- 40
- Diese Verletzung ihres
Anspruchs auf rechtliches Gehör durch die Beschwerdekammer
habe ihr die Möglichkeit abgeschnitten, das Verzeichnis der
Waren, für die die Eintragung der Marke beantragt worden
sei, im Verfahren vor dieser Kammer einzuschränken und so zu
erreichen, dass dem Antrag entsprochen werde.
- 41
- Insoweit ist daran zu
erinnern, dass nach Artikel 73 Satz 2 der Verordnung Nr.
40/94 die Entscheidungen des HABM nur auf Gründe gestützt
werden dürfen, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.
- 42
- Nach dieser Vorschrift
kann eine Beschwerdekammer des HABM ihre Entscheidung nur
auf tatsächliche oder rechtliche Erwägungen stützen, zu
denen die Beteiligten Stellung nehmen konnten.
- 43
- Wenn also die
Beschwerdekammer von Amts wegen Tatsachen sammelt, die als
Grundlage für ihre Entscheidung dienen sollen, ist sie
verpflichtet, diese Tatsachen den Beteiligten mitzuteilen,
damit sie dazu Stellung nehmen können.
- 44
- Im vorliegenden Fall
ergibt sich aus den Akten, dass die Beschwerdekammer weder
das Ergebnis ihrer Nachforschungen noch den Inhalt der
Webpage, die in den Randnummern 17 und 18 der angefochtenen
Entscheidung erwähnt sind, KWS mitgeteilt hat.
- 45
- Damit hat sie Artikel 73
Satz 2 der Verordnung Nr. 40/94 verletzt.
- 46
- Das Gericht hat demnach
einen Rechtsfehler begangen, als es in Randnummer 59 des
angefochtenen Urteils festgestellt hat, dass die
Beschwerdekammer Artikel 73 der Verordnung nicht verletzt
habe.
- 47
- Es ist jedoch darauf
hinzuweisen, dass die Beschwerdekammer in den Randnummern 14
bis 16 der angefochtenen Entscheidung unter Wiedergabe der
Entscheidung der Prüferin die Auffassung vertreten hat, dass
die fragliche Farbe für die betreffenden Waren keine
Unterscheidungskraft habe. Eine einzelne Farbe sei nämlich
regelmäßig nicht unterscheidungskräftig, es sei denn, sie
habe durch Benutzung Unterscheidungskraft erlangt, und die
Farbe Orange sei für die betreffenden Waren sehr
gebräuchlich. Außerdem könnten auch die Wettbewerber der
Rechtsmittelführerin ein Interesse daran haben, diese Farbe
zu nutzen.
- 48
- Diese Gründe, zu denen KWS
hatte Stellung nehmen können, reichen aus, um die
Zurückweisung der Beschwerde durch die Beschwerdekammer zu
rechtfertigen.
- 49
- Die in Randnummer 17 der
angefochtenen Entscheidung enthaltene Feststellung, die sich
aus den Nachforschungen der Beschwerdekammer ergab, wonach
die angemeldete Farbe in dem speziellen Bereich nichts
Ungewöhnliches hat, ist nur eine Bestätigung von Gründen,
die bereits ausreichten, um diese Entscheidung zu
rechtfertigen. Ebenso hat die in Randnummer 18 der
angefochtenen Entscheidung getroffene und durch einen Auszug
aus einer Webpage veranschaulichte Feststellung, dass die
Erzeuger ihr Saatgut färben, um darauf hinzuweisen, dass es
behandelt worden sei, nur bestätigenden Charakter.
- 50
- Folglich kann die
Rechtswidrigkeit, die den Randnummern 17 und 18 der
angefochtenen Entscheidung im Hinblick auf Artikel 73 Satz 2
der Verordnung Nr. 40/94 anhaftet, nicht zur Aufhebung
dieser Entscheidung führen.
- 51
- Das angefochtene Urteil
ist daher nicht insoweit aufzuheben, trotz des
Rechtsfehlers, der seiner Randnummer 59 anhaftet (vgl. in
diesem Sinne Urteile vom 24. September 2002 in den
Rechtssachen C-74/00 P und C‑75/00 P, Falck und Acciaierie
di Bolzano/Kommission, Slg. 2002, I‑7869, Randnr. 122, vom
30. September 2003 in der Rechtssache C‑93/02 P, Biret
International/Rat, Slg. 2003, I-10497, Randnr. 60, und vom
30. September 2003 in der Rechtssache C-94/02 P, Biret et
Cie/Rat, Slg. 2003, I-10565, Randnr. 63).
- 52
- An dieser Schlussfolgerung
ändert sich nichts durch das Argument, dass KWS im Verfahren
vor der Beschwerdekammer die Möglichkeit abgeschnitten
worden sei, das Verzeichnis der Waren, für die die
Eintragung der Marke beantragt wurde, einzuschränken. Zum
einen konnte KWS nach Artikel 44 der Verordnung Nr. 40/94
und Regel 13 der Verordnung (EG) Nr. 2868/95 der Kommission
vom 13. Dezember 1995 zur Durchführung der Verordnung Nr.
40/94 (ABl. L 303, S. 1) jederzeit an das HABM einen Antrag
auf Einschränkung des Waren- und
Dienstleistungsverzeichnisses richten. Dass KWS während des
gesamten Verfahrens vor dem HABM keinen derartigen Antrag
gestellt hat, ist ihrer eigenen Entscheidung zuzuschreiben
und nicht dem Umstand, dass die Beschwerdekammer es
unterlassen hat, sie in Bezug auf die in der angefochtenen
Entscheidung erwähnte Webpage anzuhören. Zum anderen lässt
nichts in den Akten vermuten, dass eine Einschränkung des
Verzeichnisses der betreffenden Waren zur Eintragung der
angemeldeten Marke geführt hätte.
- 53
- Aus alledem folgt, dass
der erste Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes nicht
durchgreift und daher zurückzuweisen ist.
Zum zweiten Teil des
zweiten Rechtsmittelgrundes
- 54
- Mit dem zweiten Teil des
zweiten Rechtsmittelgrundes trägt KWS vor, dass das Gericht
ihre Argumente in Bezug auf die vorerwähnte Webpage nicht
berücksichtigt habe. Das Gericht selbst habe ihren Anspruch
auf rechtliches Gehör verletzt. Ihr sei somit im Verfahren
vor dem Gericht die Möglichkeit abgeschnitten worden, das
Verzeichnis der Waren, für die die Eintragung der Marke
beantragt wurde, einzuschränken, was diese Eintragung
wahrscheinlich ermöglicht hätte.
- 55
- Es ist daran zu erinnern,
dass das Gericht in Randnummer 49 des angefochtenen Urteils
das Vorbringen von KWS in Bezug auf eine Verletzung ihres
Anspruchs auf rechtliches Gehör ausdrücklich zusammengefasst
hat. In dieser Zusammenfassung ist insbesondere die
Erklärung von KWS erwähnt, dass ihr die Unterlagen, auf die
sich das HABM beim Erlass seiner Entscheidung gestützt habe,
nicht übermittelt worden seien.
- 56
- In den Randnummern 58 und
59 des angefochtenen Urteils ist das Gericht auf diese
Argumentation eingegangen, indem es seine Stellungnahme
ausdrücklich begründet hat. Auch wenn seine Rechtsanalyse
fehlerhaft war, wie in Randnummer 46 des vorliegenden
Urteils festgestellt, so geht aus dieser Begründung doch
hervor, dass das Gericht das Vorbringen von KWS in vollem
Umfang angehört hat.
- 57
- Daraus folgt, dass das
Gericht den Anspruch von KWS, im gerichtlichen Verfahren
gehört zu werden, nicht verletzt hat.
- 58
- Die Tatsache, dass das
Gericht den Anspruch von KWS auf rechtliches Gehör nicht
verletzt hat, entzieht dem Argument jede Grundlage, wonach
eine solche Verletzung dazu geführt habe, dass KWS im
Verfahren vor dem Gericht die Möglichkeit abgeschnitten
worden sei, das Verzeichnis der Waren, für die die
Eintragung der Marke beantragt wurde, einzuschränken. Auf
jeden Fall hat das Gericht in Randnummer 14 des
angefochtenen Urteils den in der mündlichen Verhandlung
gestellten Antrag von KWS auf Einschränkung des
Warenverzeichnisses zu Recht als unzulässig betrachtet. Denn
ein solcher Antrag entspricht nicht den in den Verordnungen
Nrn. 40/94 und 2868/95 vorgesehenen Modalitäten und zielt
entgegen Artikel 135 § 4 der Verfahrensordnung des Gerichts
auf eine Änderung des Streitgegenstands ab.
- 59
- Somit ist der zweite Teil
des zweiten Rechtsmittelgrundes als unbegründet
zurückzuweisen.
- 60
- Demzufolge ist der zweite
Rechtsmittelgrund in vollem Umfang zurückzuweisen.
Zum dritten Rechtsmittelgrund
- 61
- Mit ihrem dritten
Rechtsmittelgrund rügt KWS, dass das Gericht im
angefochtenen Urteil und außerdem die Beschwerdekammer in
der angefochtenen Entscheidung ihre Begründungspflicht
verletzt hätten. Dieser Rechtsmittelgrund besteht folglich
aus zwei Teilen.
Zum ersten Teil des
dritten Rechtsmittelgrundes
- 62
- Mit dem ersten Teil des
dritten Rechtsmittelgrundes macht KWS geltend, dass dem
Gericht ein Rechtsfehler unterlaufen sei, als es im
angefochtenen Urteil entschieden habe, dass die angefochtene
Entscheidung hinreichend begründet sei. Das Gericht habe das
Begründungserfordernis weit unterschätzt.
- 63
- Insoweit ist daran zu
erinnern, dass nach Artikel 73 Satz 1 der Verordnung Nr.
40/94 „[d]ie Entscheidungen des Amtes … mit Gründen zu
versehen [sind]“.
- 64
- Diese Begründungspflicht
hat den gleichen Umfang wie die nach Artikel 253 EG.
- 65
- Nach ständiger
Rechtsprechung muss die nach Artikel 253 EG erforderliche
Begründung die Überlegungen des Urhebers des Rechtsakts so
klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass die
Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme
entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrolle
ausüben kann. In der Begründung brauchen nicht alle
tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte
genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung eines
Rechtsakts den Erfordernissen des Artikels 253 EG genügt,
nicht nur anhand seines Wortlauts, sondern auch anhand
seines Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem
betreffenden Gebiet zu beurteilen ist (in diesem Sinne
Urteile vom 2. April 1998 in der Rechtssache C-367/95 P,
Kommission/Sytraval und Brink’s France, Slg. 1998, I-1719,
Randnr. 63, und vom 30. März 2000 in der Rechtssache
C-265/97 P, VBA/Florimex u. a., Slg. 2000, I-2061, Randnr.
93).
- 66
- Im vorliegenden Fall hat
die Beschwerdekammer die Anmeldung mit der Begründung
zurückgewiesen, dass die angemeldete Marke keine
Unterscheidungskraft im Sinne von Artikel 7 Absatz 1
Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94 habe.
- 67
- Die Beschwerdekammer hat
für diese Beurteilung in den Randnummern 14 bis 25 der
angefochtenen Entscheidung eine umfassende und genaue
Begründung geliefert.
- 68
- Sie hat zunächst
ausgeführt, dass eine Farbe als solche nicht
unterscheidungskräftig sei, es sei denn, es könne
nachgewiesen werden, dass sie durch Benutzung
Unterscheidungskraft erlangt habe, und außerdem, dass die
Farben allen Unternehmen zur Verfügung stehen sollten. Nur
unter besonderen Umständen könne eine einzelne Farbe per se
Unterscheidungskraft erlangen, falls es sich um eine äußerst
ungewöhnliche Farbe im Hinblick auf die beanspruchten Waren
oder Dienstleistungen handele. Die Beschwerdekammer hat
sodann im Einzelnen die Gründe angegeben, aus denen die
Farbe Orange nach ihrer Ansicht für die in der Anmeldung
genannten Waren nicht ungewöhnlich ist. Für sie seien die
Entscheidungen der für Marken zuständigen deutschen
Behörden, auf die sich KWS berufe, nicht bindend.
Schließlich habe KWS nicht geltend gemacht, dass die
fragliche Farbe nach Artikel 7 Absatz 3 der Verordnung Nr.
40/94 durch Benutzung Unterscheidungskraft erlangt habe.
- 69
- Es besteht kein Zweifel
daran, dass eine derartige Begründung dem in Artikel 73 Satz
1 der Verordnung Nr. 40/94 aufgestellten Erfordernis genügt.
Das Gericht hat also keinen Rechtsfehler begangen, als es
entschieden hat, dass KWS über die erforderlichen Angaben
verfügte, um die angefochtene Entscheidung nachzuvollziehen
und deren Rechtmäßigkeit vor dem Gemeinschaftsgericht in
Frage zu stellen.
- 70
- Der erste Teil des dritten
Rechtsmittelgrundes ist folglich als unbegründet
zurückzuweisen.
Zum zweiten Teil des
dritten Rechtsmittelgrundes
- 71
- Mit dem zweiten Teil des
dritten Rechtsmittelgrundes trägt KWS vor, das Gericht habe
seine Begründungspflicht verletzt, als es in Randnummer 56
des angefochtenen Urteils nur festgestellt habe, dass „die
Klägerin [der angefochtenen Entscheidung] … die Gründe für
die Zurückweisung ihrer Anmeldung entnehmen [konnte]“.
- 72
- Die Lektüre von Randnummer
56 des angefochtenen Urteils lässt erkennen, dass diese
Randnummer die Gesichtspunkte der angefochtenen Entscheidung
zusammenfasst, die das Gericht für entscheidend hielt, und
die Gründe darlegt, aus denen das Gericht diese
Gesichtspunkte für ausreichend hielt. Am Ende dieser
Zusammenfassung und dieser Darlegung gelangt das Gericht im
letzten Satz dieser Randnummer zu der Schlussfolgerung, dass
KWS über die erforderlichen Angaben verfügt habe, um die
angefochtene Entscheidung nachzuvollziehen und deren
Rechtmäßigkeit vor dem Gemeinschaftsgericht in Frage zu
stellen.
- 73
- Daraus ergibt sich, dass
diese Randnummer des angefochtenen Urteils eine ausreichende
Begründung enthält.
- 74
- Der zweite Teil des
dritten Rechtsmittelgrundes ist somit unbegründet.
- 75
- Demzufolge ist der dritte
Rechtsmittelgrund in vollem Umfang zurückzuweisen.
Zum vierten Rechtsmittelgrund
- 76
- Mit ihrem vierten
Rechtsmittelgrund macht KWS geltend, dass sich die
Unterscheidungskraft von Farbmarken nach denselben
Grundsätzen beurteile wie die Unterscheidungskraft anderer
Markenformen, insbesondere von Wort- und Bildmarken, und
dass keine höheren Anforderungen gälten. Ob für die
beanspruchten Waren und Dienstleistungen andere Farben zur
Kennzeichnung bestimmter Eigenschaften verwendet würden,
spiele keine Rolle. Vielmehr sei zu prüfen, ob die konkrete
angemeldete Farbe vom Verkehr als Eigenschaftshinweis
verstanden werde. Verwendeten verschiedene Hersteller
verschiedene Farben als Eigenschaftshinweise, so werde der
Verkehr in diesen Farben einen Hinweis auf den Hersteller
sehen. Unterscheidungskraft sei dann zu bejahen. Im
vorliegenden Fall werde die Farbe Orange von den
angesprochenen Verkehrskreisen nicht als Eigenschaftshinweis
für die fraglichen Waren und Dienstleistungen verstanden,
und eine dekorative oder funktionale Verwendung scheide aus.
Die Unterscheidungskraft der Marke sei also gegeben.
- 77
- Im angefochtenen Urteil
seien dem Gericht folgende Beurteilungsfehler unterlaufen:
Es habe zunächst für Farbmarken einen strengeren Maßstab
angelegt als für andere Marken. Sodann habe es das Merkmal
der Unterscheidungskraft verkannt, die nur in der Eignung
zum Hinweis auf die betriebliche Herkunft bestehe.
Schließlich habe es seine eigenen Vorstellungen an die
Stelle der der beteiligten Verkehrskreise gesetzt.
- 78
- Was die Kriterien für die
Beurteilung der Unterscheidungskraft der verschiedenen
Markenkategorien betrifft, so hat das Gericht in Randnummer
29 des angefochtenen Urteils zu Recht daran erinnert, dass
Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94
nicht zwischen verschiedenartigen Zeichen unterscheidet. Das
Gericht hat jedoch ebenfalls zu Recht ausgeführt, dass im
Fall eines Zeichens, das aus einer Farbe als solcher
besteht, die Wahrnehmung durch die angesprochenen
Verkehrskreise nicht notwendig die gleiche ist wie im Fall
einer Wort- oder Bildmarke, die aus einem Zeichen besteht,
das unabhängig ist vom Aussehen der mit ihr gekennzeichneten
Waren. Auch wenn das Publikum gewohnt ist, Wort- oder
Bildmarken unmittelbar als Zeichen aufzufassen, die auf eine
bestimmte Herkunft der Ware hinweisen, so gilt doch nicht
notwendig das Gleiche, wenn das Zeichen mit dem
Erscheinungsbild der Ware verschmilzt (vgl. zu den
identischen Bestimmungen des Artikels 3 Absatz 1 Buchstabe b
der Ersten Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21. Dezember
1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der
Mitgliedstaaten über die Marken [ABl. 1989, L 40, S. 1]
Urteil vom 6. Mai 2003 in der Rechtssache C-104/01,
Libertel, Slg. 2003, I-3793, Randnr. 65).
- 79
- In diesem Zusammenhang
kann eine Farbe als solche für die Waren und
Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wird,
nach Artikel 7 Absatz 3 der Verordnung Nr. 40/94 infolge
ihrer Benutzung Unterscheidungskraft erlangen. Dagegen lässt
sich im Fall einer Farbe als solcher eine
Unterscheidungskraft vor jeder Benutzung nur unter
außergewöhnlichen Umständen vorstellen, insbesondere wenn
die Zahl der Waren oder Dienstleistungen, für die die Marke
angemeldet wird, sehr gering und der maßgebliche Markt sehr
spezifisch ist (vgl. zu den identischen Bestimmungen des
Artikels 3 Absätze 1 Buchstabe b und 3 der Richtlinie 89/104
Urteil Libertel, Randnrn. 66 und 67).
- 80
- Was die
Aufbereitungsanlagen der Klassen 7 und 11 betrifft, so hat
das Gericht in den Randnummern 39 und 40 des angefochtenen
Urteils festgestellt, dass KWS keine Anhaltspunkte
vorgebracht habe, die es ermöglichen würden, eine besondere
Kategorie von Waren zu bilden, für die bestimmte Farben
unüblich wären, und dass Maschinen mit der angemeldeten
Farbe oder einem ähnlichen Farbton nicht ungewöhnlich seien.
- 81
- Hinsichtlich der land-,
garten- und forstwirtschaftlichen Erzeugnisse der Klasse 31
ist in Randnummer 33 des angefochtenen Urteils festgestellt
worden, dass die Verwendung von Farben einschließlich des
angemeldeten Orangetons oder ganz ähnlicher Farbtöne für
diese Erzeugnisse nicht selten sei.
- 82
- Daraus folgt, dass das
Gericht für die Farbmarken keinen strengeren Maßstab
angelegt hat als für andere Marken und dass es im Hinblick
auf Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94
keinen Rechtsfehler begangen hat, als es die Auffassung
vertrat, dass die fragliche Marke für die Waren, für die sie
zur Eintragung angemeldet wurde, nicht
unterscheidungskräftig sei.
- 83
- Insoweit ist der vierte
Rechtsmittelgrund als unbegründet zurückzuweisen.
- 84
- Was die Frage angeht, ob
die Feststellungen des Gerichts über die Wahrnehmung der
maßgeblichen Verkehrskreise in Bezug auf die Verwendung von
Farben für die fraglichen Waren zutreffend sind, so betrifft
sie Beurteilungen tatsächlicher Art.
- 85
- Aus Artikel 225 EG und
Artikel 58 der Satzung des Gerichtshofes geht hervor, dass
ein Rechtsmittel nur auf Gründe in Bezug auf die Verletzung
von Rechtsvorschriften unter Ausschluss jeder
Tatsachenbeurteilung gestützt werden kann.
- 86
- Daraus folgt, dass der
vierte Rechtsmittelgrund unzulässig ist, soweit er die
Feststellungen des Gerichts über die Wahrnehmung der
maßgeblichen Verkehrskreise in Frage stellt.
- 87
- Der vierte
Rechtsmittelgrund ist demnach in vollem Umfang
zurückzuweisen.
- 88
- Da keiner der
Rechtsmittelgründe von KWS durchgreift, ist das Rechtsmittel
zurückzuweisen.
Kosten
- 89
- Nach Artikel 69 § 2 der
Verfahrensordnung, der gemäß Artikel 118 der
Verfahrensordnung auf das Rechtsmittelverfahren anzuwenden
ist, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der
Kosten zu verurteilen. Da das HABM die Verurteilung von KWS
beantragt hat und diese mit ihrem Vorbringen unterlegen ist,
sind ihr die Kosten aufzuerlegen.
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zweite Kammer) für
Recht erkannt und entschieden:
-
-
- 1.
- Das Rechtsmittel wird
zurückgewiesen.
-
-
- 2.
- KWS Saat AG trägt die
Kosten des Verfahrens.
Unterschriften.
-
1 –
- Verfahrenssprache:
Deutsch.
|