November 5, 2004
Deutscher Bauernverband:
Niederländischer Weg einer breiten Verständigung zur Koexistenz
beispielhaft
Der Bundesrat konnte sich heute nicht zu einem überzeugenden
Votum für eine tragfähige Zukunftslösung bei der Nutzung der
Grünen Gentechnik durchringen. Zwar hat er mit der einfachen
Mehrheit der unionsregierten Bundesländer Einspruch gegen das
Gentechnikgesetz erhoben. Doch wäre zur Veränderung des Gesetzes
eine Zweitdrittelmehrheit notwendig gewesen, da der Einspruch
des Bundesrates vom Bundestag jetzt mit rot-grüner Mehrheit
zurückgewiesen werden kann.
Der Deutsche
Bauernverband (DBV) kritisierte, dass damit die Chance
vertan wurde, die Frage der Koexistenz auf eine breite
politische und gesellschaftliche Basis zu stellen. Die nunmehr
zu erwartende verschuldensunabhängige gesamtschuldnerische
Gefährdungshaftung für Landwirte, die gentechnisch veränderte
Pflanzen anbauen, sei nicht kalkulierbar und nicht versicherbar.
Selbst Landwirte, die die gute fachliche Praxis einhalten und
nicht für mögliche Einträge von gentechnisch veränderten
Pflanzen auf einem Nachbarfeld verantwortlich sind, würden wegen
der gesamtschuldnerischen Haftungsregelung für diese Schäden
haften müssen. In seiner Verantwortung gegenüber den Landwirten
könne der Berufsstand daher jedem Landwirt nur generell vom
Anbau mit gentechnisch veränderten Pflanzen abraten, sofern
nicht weitere gesetzliche oder vertragliche
Haftungsbeschränkungen erlassen werden.
Für den DBV bleibt die Sicherung der Koexistenz, also das
Nebeneinander des Anbaus mit und ohne gentechnisch veränderte
Pflanzen, ein zentrales Anliegen. Wer in der deutschen
Landwirtschaft auf die Verwendung von gentechnisch veränderten
Pflanzen verzichten will, müsse ebenso eine dauerhafte
Perspektive erhalten wie diejenigen, die gentechnisch veränderte
Pflanzen anbauen. Deswegen dürfe die Koexistenz, wie im
vorliegenden Gentechnikgesetz, sich nicht als Einbahnstraße für
eine bestimmte Form des Anbaus entwickeln, betonte der DBV.
Der Bauernverband wies auf die jüngsten Abstimmungsprozesse in
den Niederlanden hin, die in den entscheidenden Punkten auch für
die Umsetzung der Koexistenz in Deutschland Beispielswirkung
haben könnte. Im Rahmen des sog. „Van-Dijk-Komitee“ haben die
betroffenen Dachorganisationen der Landwirte, der Ökoverbände,
der Verbraucherschützer und der Pflanzenzüchter gemeinsam einen
Konsens zur Koexistenzfrage erarbeitet, unter anderem mit
Empfehlungen zu den wichtigen Bereichen der Sicherheitsabstände,
der Registerführung und der Haftungsfragen. So wurde
Übereinstimmung zu einem ausgewogenen Haftungssystem erzielt,
wonach der Landwirt, der gentechnisch veränderte Pflanzen
anbaut, für Einträge auf Nachbarfeldern verschuldensabhängig zu
haften hat. Dies bedeutet, eine Haftung tritt nur dann ein, wenn
gegen die gute fachliche Praxis verstoßen wird. Darüber hinaus
wird ein Haftungsfonds zum Ausgleich der Schäden gefordert, der
von Pflanzenzüchtern und Landwirten gespeist werden soll.
Auch der Deutsche Bauernverband hatte sich in der politischen
Diskussion mit Bundesregierung, Bundestag und den Bundesländern
für eine solche klassische verschuldensabhängige
Haftungsregelung ergänzt um eine Fondslösung eingesetzt.
Mitgliedstaaten wie Dänemark und die Niederlande hätten
verdeutlicht, dass dies eine reale Alternative für eine
allseitige Koexistenz der Grünen Gentechnik sein könne.
Source:
Bundesministerium für
Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft
Bundesverbraucherministerin Künast: Keine Blockademehrheit gegen
Gentechnikgesetz
Der Bundesrat hat
heute mit einfacher Mehrheit einen Einspruch gegen das
Gentechnikgesetz beschlossen. Um das Gesetz blockieren zu
können, wäre eine 2/3-Mehrheit nötig gewesen.
Bundesverbraucherministerin
Renate Künast zeigte sich nach der Abstimmung zufrieden: „Es ist
nicht gelungen, eine Blockademehrheit aufzubauen. Wenn der
Bundestag die Einsprüche des Bundesrates abweist, ist
Rechtsklarheit bei der Agro-Gentechnik hergestellt“, erklärte
Künast.
Das
Gentechnik-Gesetz sei ein Erfolg für den Verbraucherschutz und
die Landwirte, die weiterhin ohne Gentechnik arbeiten wollten,
so Künast. „Das Gentechnikgesetz fügt sich ein in eine Reihe von
Regelungen, die wir treffen, um die Existenz von
gentechnikfreier Landwirtschaft und gentechnikfreien
Lebensmitteln dauerhaft zu sichern“, erklärte die Ministerin.
„Nachdem die EU-Kommission das de facto-Moratorium für das
Inverkehrbringen von GVO in der EU aufgehoben hat, brauchen wir
dringend Regelungen, um die gentechnikfreie Landwirtschaft vor
wesentlichen Beeinträchtigungen durch Auskreuzungen,
Beimischungen und sonstige Einträge von GVO zu schützen. Genau
dies leistet das neue Gentechnikgesetz.“ |