July 21, 2004
Der bisher kühle und feuchte Juli
hat den Beginn der Getreideernte in Deutschland um bis zu zwei
Wochen verzögert. Nur in einigen traditionellen
Frühdruschregionen Süddeutschlands sowie Brandenburgs wurden
größere Mengen Wintergerste und Sommergerste geerntet. In den
meisten Regionen Deutschlands sind weniger als 25 Prozent der
Gerstenfläche abgeerntet worden. Die bisherigen
Ernteerwartungen, die von einer neuen Rekordernte ausgegangen
waren, dürften sich aufgrund der Niederschläge im Juli nicht
bestätigen. Zurzeit ist die Ernte aufgrund der Deutschland
überquerenden Niederschlagsfront in nahezu allen Regionen ins
Stocken geraten. Dies teilt
der Deutsche Bauernverband
(DBV) in seinem ersten Erntebericht mit, der aufgrund einer
Umfrage bei den Landesbauernverbänden erstellt wurde. Der DBV
wird in 14tägigem Abstand mit einem zweiten und dritten
Erntebericht über den weiteren Fortgang der Ernte aktuell
informieren.
Auf den wenigen vollständig abgeernteten Gerstenfeldern sind in
der Tendenz durchschnittliche Erntemengen herangewachsen. Aus
allen Regionen wurden gegenüber der dürrebedingten
katastrophalen Vorjahresernte deutlich bessere Ernteergebnisse
gemeldet. Besonders die Wintergerste auf leichten Standorten hat
von den vergleichsweise höheren Juni-Niederschlägen profitiert;
dort wurden 10 bis 50 Prozent höhere Erträge als im Dürrejahr
2003 geerntet. Waren Ende Juni die Niederschläge auf Grund des
erheblichen Wasserdefizites im Boden unbedingt erwünscht,
behindern zur Zeit die zu geringen Sonnenscheinstunden die
Kornausbildung in abreifenden Getreidebeständen. Der Weizen, der
mit ca. 3,1 Millionen Hektar ca. 56 Prozent den größten Anteil
des Getreidebaus in Deutschland ausmacht, reift bei dem
aktuellen Juliwetter nicht unter optimalen Bedingungen ab, da er
zur optimalen Kornfüllung lange Sonnenscheindauer benötigt.
Die Gewitter mit Hagel der vergangenen Woche haben in einigen
Regionen zu Hagelschäden geführt. Verheerende Hagelunwetter
werden aus Baden-Württemberg, vor allem Südbaden, berichtet, wo
auf über 25.000 Hektar Gemüse-, Tabak-, Mais-, Zuckerrüben-,
Obst- und Weinkulturen teilweise völlig zerstört wurden. Mit
jedem Gewitter steigt in der jetzigen Vegetationsphase generell
das Ertragsrisiko. Beim druschreifen Raps wird beispielsweise in
Nordrhein-Westfalen von aufplatzenden Schoten berichtet, was zu
höheren Ernteverlusten führt. Die Verzögerung der Ernte kann zu
ansteigenden Preisen führen, da die Lagerbestände der
Verarbeiter gering sind. So wird bei Roggen zur Versorgung der
Mühlen erwogen, 2.000 Tonnen aus den Interventionsbeständen
freizugeben, da die derzeit verfügbaren geringen Erntemengen in
den süddeutschen Zuschussgebieten den Bedarf nicht decken.
Es zeigt sich, welche Folgen das Dürrejahr 2003 hinterlassen hat
und wie notwendig ein deutlich höheres Ernteergebnis in diesem
Jahr wäre, damit die Versorgung von Mühlen und Mischfutterwerken
gesichert werden kann. Die Mischfutterhersteller bieten zum
Beispiel in den niedersächsischen Zuschussgebieten zurzeit bis
zu 105 Euro pro Tonne für Wintergerste, was auf die knappe
Versorgung zurückzuführen ist. In Gebieten mit hohem
Wintergerstenanbau, den so genannten Überschussgebieten, liegt
der Preis bei 80 bis 95 Euro je Tonne.
Regionale Entwicklung der Getreideernte
In den traditionellen Frühdruschregionen von Rheinland-Pfalz und
Baden-Württemberg wurden bisher 50 Prozent der
Wintergerstenfläche abgeerntet. Gegenüber dem Vorjahr liegen die
Erträge im Durchschnitt 25 Prozent höher und bewegen sich auf
einem Niveau von 60 bis 75 Dezitonne/ Hektar bei guter Qualität.
Vereinzelt wurde in diesen Regionen Sommergerste geerntet, bei
der sich bisher ein durchschnittliches Ernteergebnis eingestellt
hat.
In Bayern wurden bisher 20 bis 30 Prozent der
Wintergerstenflächen abgeerntet. Bei den derzeit zu niedrigen
Marktpreisen sind die Getreidebauern zurückhaltend mit Verkäufen
an den Handel. Das Ernteergebnis bewegt sich auf gutem
Durchschnittsniveau mit einem Gewicht von 65 Kilogramm je
Hektoliter.
In Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und
Schleswig-Holstein ist die Ernte noch nicht in Gang gekommen.
Bis auf einige Probedruschergebnisse liegen keine
repräsentativen Werte vor.
In den neuen Bundesländern ist die Getreideernte in Brandenburg
bereits auf 65 Prozent der Flächen abgeschlossen. Auch hier
bewegt sich die Gerste auf einem über dem Durchschnitt liegenden
Niveau. Die Hektarerträge werden in einer Spanne von 40
Dezitonne/Hektar bis 60 Dezitonne/Hektar angegeben. Vereinzelt
wurde Winterraps gedroschen, dessen Ertragsniveau bei 30
Dezitonne/Hektar lag. Auch in Mecklenburg ist die Gerstenernte
zögerlich vorangeschritten. Wie in Sachsen-Anhalt werden bereits
25 Prozent der Flächen geerntet. Die Preise bewegen sich auf
einem Niveau von 100 Euro/Tonne für interventionsfähige Gerste.
In Thüringen und Sachsen hat die Ernte erst begonnen. Die
Erträge bewegen sich auf dem Niveau des vergangenen Jahres.
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