January 14, 2004
Sonnleitner:
Bundesweiter Erprobungsanbau notwendig
Der
Präsident des Deutschen
Bauernverbandes (DBV), Gerd Sonnleitner, hat auf der
Eröffnungspressekonferenz der Internationalen Grünen Woche in
Berlin der Bundesregierung erneut vorgeschlagen, das
angekündigte Gentechnikgesetz in seinen Verordnungen erst dann
im Detail auszubauen, wenn praxisrelevante Erfahrungswerte nach
einem bundesweiten Erprobungsanbau vorliegen. Ansonsten sieht
Sonnleitner große Schwierigkeiten, die Koexistenz der Grünen
Gentechnik für die Bauern befriedigend zu regeln. Nachdem die EU
sich in dieser Frage gedrückt habe, dürften jetzt nicht unter
dem Verweis auf das Haftungsrecht Unsicherheiten bei den Bauern
zum Beispiel bei den Abstandsregelungen abgeladen werden.
Sonnleitner
betonte, dass die Verbraucher derzeit skeptisch bis ablehnend
gegenüber der Gentechnik eingestellt seien. Diese
Verbraucherhaltung würde von den Bauern voll respektiert. Wenn
der Kunde keine Gentechnik wünsche, würden die Bauern auch keine
anwenden. Bundesregierung und Bundeslandwirtschaftsministerium
hätten diese verfahrene Situation in Deutschland jedoch selbst
verschuldet. Man habe über Jahre hinweg die weltweite und
europäische Entwicklung nicht wahrhaben wollen. So habe sich
weltweit der Anbau mit gentechnisch veränderten Pflanzen auf 59
Millionen Hektar ausgebreitet, was dem Anderthalbfachen der
Gesamtfläche Deutschlands entspricht. Ab April 2004 gelte die
Kennzeichnung der Lebensmittel und man werde schnell erkennen,
wie verbreitet die Anwendung der Grünen Gentechnik mittlerweile
schon sei.
Für eine
Zulassung gentechnisch veränderter Pflanzensorten zum Anbau auf
den heimischen Äckern sei die Koexistenzfrage in Deutschland
zufriedenstellend zu regeln, forderte Sonnleitner. Dies sei
bisher nicht geschehen. Seit drei Jahren würde der Bauernverband
darauf drängen, durch einen transparenten und kontrollierten
Erprobungsanbau bisher fehlende Erfahrungswerte in Deutschland
zu sammeln. Wenn man gar nicht wisse, über welche Entfernung
oder unter welchen Anbaubedingungen zum Beispiel Raps, Weizen
oder Mais durch Pollenflug beeinflusst werde, könne man auch
nicht in einem Gesetz oder in einer Verordnung das Nebeneinander
von gentechnikfreier und gentechnikhaltiger Produktion regeln.
Um diese Unsicherheit zu kaschieren, versuche die
Bundesregierung nun offensichtlich, mit den im Gesetzentwurf
vorgesehenen Haftungsregelungen einen "Sperrvermerk" gegen die
Grüne Gentechnik zu erreichen. Denn mit der anvisierten
gesamtschuldnerischen Haftung laufe jeder Landwirt Gefahr, für
Ve rmarktungsprobleme seines Nachbarn gerade stehen zu müssen,
obwohl er selbst die gute fachliche Praxis in der
landwirtschaftlichen Produktion einhalten würde. "Dies ist für
die Bauern schlicht und einfach nicht akzeptabel", erklärte
Sonnleitner.
Kritik übte
Sonnleitner an der Aufklärung und Information zur Grünen
Gentechnik durch Behörden und Wirtschaft. Die
Gentechnik-Diskussion werde nicht erst jetzt begonnen und müsse
stets in vollem Bewusstsein der Verantwortung für die
Verbraucher und die Umwelt geführt werden. Man müsse nicht nur
über Risiken sprechen, sondern dem Verbraucher auch aufzeigen,
welche Vorteile Gentechnik haben könne und dass gesundheitliche
Schäden bisher nicht belegt seien. Es sei falsch, von vornherein
sich die Option zu verbauen, mit der Grünen Gentechnik Produkte
zu verbessern. Wenn die Lebensmittelprodukte einen echten
Verbrauchernutzen beinhalteten, etwa durch höherwertige
Inhaltsstoffe, würde die Skepsis der Verbraucher sehr schnell
umschlagen in eine entsprechende Nachfrage. Dies habe man bei
der Roten Gentechnik erlebt, die die Bevölkerung voll
akzeptiere. |