Germany
November 21, 2007
Quelle:
bioSicherheit.de (GMO Safety)
Weltweit wird an neuen und
verbesserten Gentransfer-Methoden gearbeitet. Angestrebt wird,
nur noch das jeweilige Zielgen zu übertragen. Alle nach
Abschluss der Transformation nicht mehr benötigten Sequenzen -
vor allem Markergene - sollen aus dem Genom der Pflanzen wieder
entfernt werden. Auch verschiedene Projekte der
Sicherheitsforschung beschäftigen sich damit. Im Gespräch mit
bioSicherheit zieht Prof. Reinhard Hehl eine Zwischenbilanz.
bioSicherheit: Die Methoden zur Transformation von
Pflanzen werden laufend weiterentwickelt. Höhere Effizienz,
stabile Integration und Expression der Transgene und nicht
zuletzt die Eliminierung von Markergenen sind dabei wichtige
Fragestellungen. Können Sie eine Zwischenbilanz ziehen? Wo
wurden Fortschritte erzielt, wo sehen Sie noch Schwächen?
Reinhard Hehl: Für die Transformation von Pflanzen steht
uns die T‑DNA Transformation als ein sehr präzises Verfahren zur
Verfügung. Die gewünschten Transgene können wir heute wesentlich
präziser als noch vor 10 Jahren übertragen. Fortschritte wurden
auch bei der Entwicklung spezieller Methoden zur
Markergen-Eliminierung gemacht. Außerdem konnte das Spektrum an
transformierbaren Pflanzenarten wesentlich erweitert werden.
Schwächen sehe ich dort, wo Methoden, die in Modellpflanzen gut
etabliert wurden, in Nutzpflanzen nicht oder nur suboptimal
funktionieren.
bioSicherheit: Die Markergen-Eliminierung nimmt einen
besonderen Forschungsschwerpunkt in Ihrem Verbund ein. Gibt es
erfolgversprechende Ansätze?
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Mit Hilfe feiner
Kanülen wurde DNA, die
für ein fluoreszierendes
Protein codiert, in
Zwiebelzellen
eingebracht. Zwei Tage
nach der Injektion
erkennt man den grünen
Farbstoff. Die
Integration der
Fremd-DNA in das
Zwiebelgenom war
erfolgreich.
Die Mikroinjektion ist
ein Verfahren, um Gene
direkt in Pflanzenzellen
einzubringen, jedoch
derzeit nur bei
tierischen Zellen
einsetzbar.
Quellenangabe: Dr.
Michael Knoblauch,
Universität Gießen /
www.biosicherheit.de
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Reinhard Hehl: Ja - in
Zukunft wird es möglich sein auf Markergene in den zu
kommerzialisierenden Pflanzen zu verzichten. Ein sehr
erfolgversprechender Ansatz ist die Co-Transformation. Das
Prinzip beruht darauf, dass mit zwei getrennten T-DNAs
transformiert wird, bei der die eine T-DNA das Transgen trägt
und die andere das Markergen. Transgen und Markergen werden also
getrennt voneinander in das pflanzliche Genom übertragen und
integrieren folglich auch an unterschiedlichen Stellen im Genom.
Auf diese Weise sind die Chancen sehr hoch, dass das Transgen
und das Markergen später über Rekombinationsvorgänge während der
Reifeteilung der Zellen getrennt und anschließend Pflanzenlinien
selektiert werden können, die nur noch das Transgen tragen.
Diese Methode ist bereits etabliert und sicher die am häufigsten
angewendete Methode zur Markergen-Eliminierung bei gut
transformierbaren Pflanzen.
bioSicherheit: Gibt es noch weitere Methoden
Markergen-freie Pflanzen zu erzeugen?
Reinhard Hehl: Da sind vor allem zwei Methoden zu
erwähnen. Die eine Methode – auf Basis des Cre/lox-Systems -
beruht darauf, das Markergen aus dem Genom wieder
"herauszuschneiden". Dies geschieht über Rekombinase-Gene, die
das Markergen flankieren und gezielt aktiviert werden. Die
andere Methode – daran arbeitet meine Arbeitsgruppe – benutzt
das Transposon -System. Wir nutzen hier ein bekanntes Phänomen
bei Pflanzen. Es gibt genetische Elemente in der Pflanze, die
bestimmte Gene zum "Springen" in einen anderen Genomabschnitt
der Pflanze verhelfen. Wir führen Transgen und Markergen über
einen T-DNA-Vektor gemeinsam ein, erzeugen dann ein
Transpositionsereignis, so dass das Transgen an einer anderen
Stelle des Genoms wieder integriert und auf diese Weise vom
Markergen getrennt wird. Auch hier können dann in der
Folgegeneration die Markergen-freien von den Markergen-tragenden
Pflanzen getrennt werden. Das konnten wir am Beispiel der
Zuckerrübe zeigen. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass das
eingesetzte Transposon-System in der zu transformierenden
Pflanzenart effizient funktioniert.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass es heute, auch Dank des
Forschungsverbundes, Methoden gibt, Markergene aus transgenen
Pflanzen zu entfernen.
bioSicherheit: Bei allen von Ihnen erwähnten Methoden der
Markergen-Eliminierung muss sich als letzter Schritt die
Segregation anschließen. D.h. erst in der Folgegeneration können
Markergen-freie Linien selektiert werden. Das macht die
Verfahren zeitaufwändig.
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Durch Mikroinjektion
wurde DNA in
Zwiebelzellen
eingeschleust. Das
Genprodukt ist durch die
blaue Farbe nachweisbar.
Nur die Zelle im Zentrum
wurde injiziert. Durch
kleine
Zell-Verbindungskanäle
gelangte das Genprodukt
auch in die umgebenen
Zellen.
Quellenangabe: Dr.
Michael Knoblauch,
Universität Gießen /
www.biosicherheit.de
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Reinhard Hehl: Ja - wir
müssen heute noch einen sehr großen Aufwand betreiben, die
transgenen Markergen-freien Pflanzen in der Folgegeneration zu
identifizieren. Es gibt aber clevere Forschungsansätze, um
wesentlich schneller zu Markergen-freien Pflanzen zu kommen.
Beispielsweise – in dem man auf den Kreuzungsschritt und damit
die Segregation ganz verzichtet. Stattdessen werden
Markergen-freie Nachkommen aus den haploiden Pollen zuvor
erfolgreich co-transformierter Pflanzen gewonnen.
Wenn bei der Co- Transformation Zielgen und Markergen auf
unterschiedlichen Chromosomen integrieren, werden nach der
Pollenzellteilung auch Pollen gebildet, die nur noch das Zielgen
tragen. Nach der künstlichen Verdopplung des haploiden
Chromosomensatzes können anschließend aus diesen Pollenzellen
Pflanzen regeneriert werden, die nur noch das Zielgen tragen.
Dieser Ansatz wird in einem Forschungsprojekt am IPK in
Gatersleben weiterverfolgt.
bioSicherheit: Die Methoden, insbesondere die
Co-Transformation scheint nahe einer praktischen Anwendung zu
sein. Sind Sicherheitsbedenken zu berücksichtigen?
Reinhard Hehl: Für die praktische Anwendung der
Co-Transformationsmethode fehlt nichts mehr. Allerdings werden
bei jeder transgenen Pflanze neue Transgen-Integrationsorte
erzeugt, die dann im Einzellfall einer Sicherheitsbewertung
unterliegen. Es muss ja sichergestellt sein, dass an der
Integrationsstelle des Transgens keine Mutationen entstehen und
die Transgenexpression auch in der gewünschten Weise
stattfindet.
bioSicherheit: Vor dem Hintergrund der Entwicklung
transgener Pflanzen mit neuen und veränderten Inhaltsstoffen
beispielsweise industriell nutzbarer und pharmazeutischer
Substanzen wird an Methoden zur Begrenzung der
Ausbreitungsfähigkeit – im Kern Sterilitätskonzepte –
gearbeitet. Wie praxisreif sind diese Verfahren?
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Mikroinjektion in
Zellen eines
Kartoffelkallus
Quellenangabe:
Dr.Michael Knoblauch,
Universität Gießen /
www.bioSicherheit.de
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Reinhard Hehl: Solche
Confinement-Methoden sind immer dann sinnvoll, wenn sie Pflanzen
betreffen, die leicht auskreuzen können. Das sind zum Beispiel
Raps und bestimmte Getreidearten. Die Erzeugung männlich
steriler Pflanzen ist ein biotechnologischer Ansatz der verfolgt
wird. Im unserem Forschungsverbund wird an einer
stoffwechselphysiologischen Sterilität gearbeitet, bei der die
Pollenzellen keine Kohlenhydrate metabolisieren können, dadurch
wird die Pollenreifung gehemmt und die Pflanzen werden männlich
steril. Die Ergebnisse sind vielversprechend, das Verfahren ist
aber noch nicht praxisreif. Ein in Zukunft wichtiges Thema wird
die Chloroplasten -Transformation sein, die zur Folge hat, dass
Gene, die im Chloroplasten exprimiert werden, nicht durch Pollen
auf andere Pflanzen übertragen werden.
bioSicherheit: Wenn Sie ein Resümee über die noch offenen
Fragen einer Optimierung von Gentransfermethoden ziehen, wo
sollte in den nächsten Jahren die Forschung intensiviert werden?
Reinhard Hehl: Im Vordergrund - und das zeigt auch die
neue Ausschreibung des BMBF zur Sicherheitsforschung bei
transgenen Pflanzen - wird die Weiterentwicklung der
sequenzspezifischen Integration stehen. Gene sollen nur dort
integrieren, wo wir sie haben wollen. Das heißt in spezifischen
vorher gut charakterisierten Stellen im Genom. Dazu gehört, dass
unerwünschte Mutationen ausgeschlossen werden und dass das
Transgen an seiner Integrationsstelle optimal exprimiert wird.
bioSicherheit: Vielen Dank für das Gespräch.
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Prof. Dr. Reinhard Hehl,
Institut für Genetik,
Technische Universität
Carolo-Wilhelmina zu
Braunschweig;
Koordinator des
SiFo-Verbundprojekts
"Optimierung der
biologischen Sicherheit
transgener Pflanzen". |
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